ZPO § 91; RVG VV Nrn. 7003 ff.
Leitsatz
Die Kosten eines vom Hauptbevollmächtigten in eigenem Namen beauftragen Terminsvertreters sind auch dann nicht erstattungsfähig, wenn dadurch Reisekosten des Hauptbevollmächtigen vermieden werden.
AG Kassel, Beschl. v. 25.1.2019 – 410 C 3474/15
1 Sachverhalt
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin begehrt, die ihr entstandenen Kosten für einen Unterbevollmächtigten in Höhe der von ihr mit dem Unterbevollmächtigten geschlossenen Gebührenvereinbarung anzusetzen. Die nach dieser Gebührenvereinbarung angefallenen Honorare (einschließlich seiner Fahrtkosten) des unterbevollmächtigten Rechtsanwaltes übersteigen die gesetzlichen Gebühren, die für die Terminswahrnehmung des Unterbevollmächtigten anzusetzen sind, sind jedoch geringer als die ersparten (fiktiven) Reisekosten der hauptbevollmächtigten Rechtsanwälte mit Sitz in X für die (fiktive) Wahrnehmung des Termins am Gerichtssitz in eigener Person. Mit dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger die geltend gemachten Kosten des Unterbevollmächtigten Rechtsanwalts nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren angesetzt und den weiteren Kostenfestsetzungsantrag der Klagepartei zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Erinnerung, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat.
2 Aus den Gründen
Nach § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO findet gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss die sofortige Beschwerde statt. Nach § 11 Abs. 1 RPflG ist jedoch nur derjenige Rechtsbehelf statthaft, der nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig wäre. Da die sofortige Beschwerde in Kostensachen gem. § 567 Abs. 2 ZPO nur statthaft ist, wenn ein Beschwerdewert von 200,00 EUR überschritten wird, die Differenz zwischen dem geltend gemachten Teilbetrag insoweit i.H.v. 169,32 EUR und dem tatsächlich festgesetzten Betrag i.H.v. 109,02 EUR jedoch nur 60,30 EUR beträgt und damit der Beschwerdewert nicht erreicht wird, ist gem. § 11 Abs. 2 RPflG nur die Erinnerung statthaft, über die im Falle der Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger das Prozessgericht zu entscheiden hat.
Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten der obsiegenden Partei zu erstatten, soweit diese notwendig waren. Notwendig sind – soweit die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes als Prozessbevollmächtigten betroffen sind – generell nur die gesetzlichen Gebühren nach den Regularien des RVG. Ist die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwaltes notwendig (worüber an dieser Stelle deswegen nicht mehr erneut zu befinden ist, weil in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspfleger dies bereits bejaht hat), sind auch dessen Reisekosten grds. erstattungsfähig. Erspart der Prozessbevollmächtigte jedoch diese Reisekosten seiner Partei, indem er einen Unterbevollmächtigten einschaltet, sind dessen gesetzliche Gebühren erstattungsfähig, soweit sie die ersparten (fiktiven) Reisekosten nicht übersteigen. In jedem Fall bleiben indes vereinbarte Gebühren, die nicht nach den Regularien des RVG berechnet werden, außer Ansatz, weil die gesetzlichen Gebühren des RVG übersteigende Rechtsanwaltshonoraren nicht notwendig sind. Erstattungsfähig sind danach nur diejenigen Kosten im vorliegenden Fall, die der unterbevollmächtigte Rechtsanwalt der Klägerin nach den Vorschriften des RVG beanspruchen kann. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob aufgrund der mit der Partei getroffenen Vereinbarungen ein höherer Gebührenanspruch besteht. Dies kann durchaus dazu führen, dass der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts gegenüber der Partei der Höhe nach den erstattungsfähigen Anspruch der Partei gegenüber dem Prozessgegner im Kostenfestsetzungsverfahren übersteigt. So liegt die Situation hier. Wie sich bereits dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss entnehmen lässt, auf den i.Ü. ausdrücklich Bezug genommen wird, sind darin die gesetzlichen Gebühren des Unterbevollmächtigten Rechtsanwalts berücksichtigt und als erstattungsfähig festgesetzt.
Daran ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass auch die zwischen der Klägerin (bzw. ihren Hauptbevollmächtigten) und dem Unterbevollmächtigten Rechtsanwalt vereinbarten Gebühren die ersparten (fiktiven) Reisekosten der hauptbevollmächtigten Rechtsanwälte immer noch unterschreiten. Alleine der Umstand, dass ein solcher Effekt zu konstatieren ist, führt nicht zur Abkehr von dem Grundsatz, dass nur die tatsächlich entstandenen gesetzlichen Gebühren erstattungsfähig sind. Soweit sich die Klägerin hierzu auf vermeintlich oder tatsächlich anderslautende Rspr. beruft, schließt sich dem das beschließende Gericht ausdrücklich nicht an, weil individuelle Vereinbarungen zwischen der obsiegenden Partei und den von ihr beauftragten Rechtsanwälten grds. nicht zulasten der unterliegenden Partei gehen können.
3 Hinweis der Schriftleitung
Die Entscheidung ist unzutreffend. S. hierzu die Anm. zu LAG Berlin-Brandenburg (AGS 2019 436, 438).
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS...