Rz. 153
Obergerichtlich geregelt sind jetzt die Fälle, in denen der Mahnanwalt als Hauptbevollmächtigter des Streitverfahrens einen Unterbevollmächtigten beauftragt. Eine Kostenerstattung ist nur notwendig, wenn die dadurch verursachten Kosten in etwa gleich hoch oder niedriger sind, als die auf diese Weise ersparten Reisekosten des ehemaligen Mahnanwalts. In einer Grundsatzentscheidung hat der BGH versucht, die Erstattungsfähigkeit und damit Notwendigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten bzw. Terminsvertreters in den Griff zu bekommen. Hierzu hat der BGH entschieden, dass einerseits
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die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO anzusehen ist und andererseits, |
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dass die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, erstattungsfähig sind, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Gemeint ist hiermit, dass durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, nämlich Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten – nicht Flugkosten von Billigfluglinien – nach VV Vorb. 7 Abs. 2, 3, VV 7003 bis 7006, erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären. |
Rz. 154
Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, dass die dem Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten wären.
Rz. 155
Bei der Frage der Erstattungsfähigkeit kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf eine Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen. Allerdings weist der BGH in einer anderweitig ergangenen Entscheidung darauf hin, dass bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist. Gemeint ist damit, dass der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen steht, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht. Insofern verbietet es sich auf die Besonderheiten des Einzelfalls näher einzugehen.
Rz. 156
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwaltes eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung darstellt, kann allerdings dann eingreifen,
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wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies kommt in Betracht bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat. Dies zu prüfen ist unabdingbare Voraussetzung des Kostenfestsetzungsorgans; |
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wenn bei einem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben. |
Rz. 157
Gegenausnahmen:
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Selbst bei Vorhandensein einer Rechtsabteilung kann allerdings wiederum eine sachgerechte und die Interessen der Partei vollständig wahrende Prozessführung die mündliche Besprechung tatsächlicher und rechtlicher Fragen mit dem Prozessbevollmächtigten erforderlich machen, wenn der zu beurteilende Fall Besonderheiten aufweist und es sich nicht um ein Routinegeschäft handelt. |
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Ein Mandantengespräch ist auch dann entbehrlich, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet worden ist, die in der Lage waren, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Davon kann auszugehen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befassten Mitarbeitern um rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. |
Rz. 158
Das Tatbestandsmerkmal des wesentlichen Übersteigens der erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten ist gegeben, wenn die Kosten des Unterbevollmächtigten die ersparten Reisekosten um mehr als 10 % überschreiten. Hierbei gilt es zu beachten, dass...