ZPO § 91 Abs. 1 S. 1; RVG Abs. 1 S. 1; BGB §§ 670, 675

Leitsatz

  1. Eine Partei kann im Kostenfestsetzungsverfahren vom Gegner, soweit dieser nach der Kostengrundentscheidung die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, die Kosten eines von ihrem Prozessbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts, der den Gerichtstermin wahrgenommen hat, bis zur Höhe der (fiktiven) Kosten erstattet verlangen, die bei Anreise des Prozessbevollmächtigten selbst zum Gerichtstermin entstanden wären.
  2. Der Erstattungsanspruch ist der Höhe nach weiterhin begrenzt durch die Kosten, die entstanden wären, wenn die Partei selbst den Terminsvertreter eingeschaltet hätte.

LG Flensburg, Beschl. v. 24.7.2018 – 8 T 3/17

1 Sachverhalt

Mit in der mündlichen Verhandlung protokolliertem Vergleich beendeten die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) und der Beklagte und Beschwerdegegner (im Folgenden: Beschwerdegegner) den zwischen ihnen schwebenden Rechtsstreit. In dem Vergleich vereinbarten die Parteien u.a., dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits trägt mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, welche gegeneinander aufgehoben werden. Das AG Schleswig hat den Streitwert auf 1.106,00 EUR festgesetzt.

Auf Grundlage dieses Streitwerts hat die Beschwerdeführerin Kostenfestsetzung beantragt. Die Beschwerdeführerin macht u.a. Auslagen i.H.v. 279,20 EUR für die Tätigkeit des in H. ansässigen Terminsvertreters ihrer Hauptbevollmächtigten geltend, nämlich ausweislich der dem Kostenfestsetzungsantrag beigefügten Rechnung des Rechtsanwalts W. als Terminsvertreter 50 % einer Verfahrens-, Termins- und Vergleichsgebühr nach einem Streitwert von 1.106,00 EUR sowie einer Pauschale nach Nr. 7002 VV i.H.v. insgesamt 211,25 EUR. Zudem verlangt die Beschwerdeführerin Erstattung der Fahrtkosten des Rechtsanwalts W. i.H.v. 28,04 EUR und ein Tage-Abwesenheitsgeld i.H.v. 40,00 EUR. Insgesamt beantragt die Beschwerdeführerin die Festsetzung von Kosten i.H.v. 664,29 EUR.

Auf Hinweis des AG teilte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten mit, dass Rechtsanwalt W. als Terminsvertreter von ihren Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen beauftragt worden und zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem Terminsvertreter eine Vergütung (in Anlehnung an das RVG) als Pauschale vereinbart worden sei. Die insoweit entstandenen Kosten seien niedriger als die mit 761,80 EUR anzusetzenden Kosten, die für eine Anreise der Prozessbevollmächtigten zum Gerichtstermin entstanden wären. Die Beschwerdeführerin legt Kostenübernahme-Erklärung vor, mit welcher sie bestätigt, für sämtliche notwendigen Auslagen, insbesondere solche, die für die eigenständige Beauftragung eines Terminsvertreters durch die Prozessbevollmächtigten entstehen, aufkomme. Die Beschwerdeführerin trägt vor, eine Vertretung durch einen in Schleswig, Flensburg oder Kiel ansässigen Rechtsanwalt im Termin sei nicht möglich gewesen, da nur die Einschaltung eines/einer mit dem Urheberrecht vertrauten Rechtsanwalts/Rechtsanwältin in Betracht gekommen sei und die in Schleswig, Flensburg und Kiel ansässigen Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen mit diesem Schwerpunkt bereits in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Verfahren den jeweiligen Gegner der Beschwerdeführerin vertreten hätten, sodass eine Terminswahrnehmung in Untervollmacht aufgrund von Interessenkollision nicht infrage gekommen sei.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss hat das AG Schleswig die zu erstattenden Kosten auf 453,04 EUR festgesetzt und dabei mit Ausnahme der Fahrtkosten i.H.v. 28,04 EUR und des Tage-Abwesenheitsgeldes i.H.v. 40,00 EUR die Kosten des Terminsvertreters nicht berücksichtigt. Dies hat das AG im Wesentlichen damit begründet, dass die geltend gemachte Pauschale des Sitzungsvertreters i.H.v. 50 % der angefallenen gesetzlichen Gebühren allenfalls dann als erstattungsfähige Auslage betrachtet werden könne, wenn nicht daneben noch eine Terminsgebühr des Hauptbevollmächtigten geltend gemacht werde, die dieser nicht verdient habe. Da hier die Terminsgebühr geltend gemacht worden sei, stellte die Kostenpauschale des Sitzungsvertreters keine notwendigen Kosten des Verfahrens nach § 91 ZPO dar.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit der sofortigen Beschwerde und beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss dahingehend zu ändern, dass von dem Beklagten weitere Kosten i.H.v. 211,25 EUR nebst Zinsen zu erstatten sind.

Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

2 Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.

Sie hat in der Sache zum Teil Erfolg.

1. Insgesamt sind 547,79 EUR – mithin über den festgesetzten Betrag von 453,04 EUR hinaus weitere 94,75 EUR – als der Beschwerdeführerin durch den Beschwerdegegner gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstattende Kosten festzusetzen.

Nach dieser Vorschrift hat die unterliegende Partei – hier also betreffend die Kosten des Rechtsstreits der Beklagte – die Kosten zu tragen, insbesondere die dem Ge...

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