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In der Praxis stellt sich gelegentlich die Frage, was der Mandant unternehmen kann, wenn sein Rechtsanwalt nach Beendigung des Mandats den geleisteten Vorschuss nicht abgerechnet hat und der Mandant der Auffassung ist, er habe seinem Anwalt mehr gezahlt als diesem an Vergütung angefallen ist.
I. Anspruchsgrundlage
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse ist nicht § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung). Vielmehr ergibt sich der Rückzahlungsanspruch aus jedenfalls entsprechender Anwendung der §§ 675, 667 BGB. Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung nach Beendigung des Mandats seiner Verpflichtung auf Berechnung der Vergütung unter Einbeziehung des geleisteten Vorschusses nach § 10 RVG nachgekommen ist. Somit kann der Rückzahlungsanspruch des Mandanten nicht allein mit der fehlenden Abrechnung gem. § 10 RVG begründet werden. Diese Vorschrift gilt nämlich – so der BGH – nur für die Einforderung der Vergütung. Der Rückzahlungsanspruch setzt vielmehr lediglich voraus, dass der Vorschuss, den der Anwalt vom Auftraggeber zur Ausführung des Auftrags erhalten hat, nicht verbraucht worden ist. Soweit hingegen dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch entstanden und dieser fällig geworden ist, besteht ein Rückzahlungsanspruch des Mandanten hinsichtlich des erhaltenen Vorschusses nicht. Folglich kann die Höhe des Rückzahlungsanspruchs erst ermittelt werden, wenn feststeht, welche Vergütung der Mandant dem Anwalt überhaupt schuldet.
II. Darlegungs- und Beweislast des Auftraggebers
Für die tatsächlichen Voraussetzungen des Herausgabeanspruchs ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig. Der Mandant hat somit in einem Rückzahlungsprozess darzulegen und ggf. zu beweisen, welche Vergütung seinem Rechtsanwalt angefallen ist und welchen Betrag er hierauf als Vorschuss an den Anwalt gezahlt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt seiner nach § 10 RVG bestehenden Verpflichtung auf Abrechnung des Vorschusses und Erteilung einer Kostenberechnung nicht nachgekommen ist. Soweit der Mandant für die Ermittlung des Rückzahlungsanspruch weitere Informationen benötigt, kann er einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen den Anwalt gesondert geltend machen, um den Zahlungsanspruch vorzubereiten.
III. Verjährung des Rückzahlungsanspruchs
Gem. § 195 BGB verjährt der aus §§ 675, 667 BGB herzuleitende Anspruch auf Rückzahlung eines nicht verbrauchten Vorschusses innerhalb von drei Jahren. Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste. In der Lit. ist allerdings umstritten, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Rückzahlung nicht verbrauchter Vorschüsse entsteht:
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Nach einer Auffassung entsteht dieser Anspruch erst mit der Abrechnung gem. § 10 RVG. |
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Der BGH hat sich jedoch der Gegenauffassung angeschlossen, wonach auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs abzustellen ist. |
Dies gilt nach Auffassung des BGH auch dann, wenn der Rechtsanwalt über den Vorschuss nicht ordnungsgemäß abgerechnet hatte. Der Mandant ist durch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützt, der auf die Kenntnis des Mandanten von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Verpflichteten abstellt. Diese Kenntnis erhält der Mandant oft erst aufgrund einer ordnungsgemäßen Abrechnung des Vorschusses oder aufgrund einer anderweitigen rechtlichen Beratung, die den Hinweis auf die drohende Verjährung einschließt.
IV. Praktische Auswirkungen
Kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, nach Fälligkeit seine Vergütung abzurechnen und dabei auch die erhaltenen Vorschüsse zu berücksichtigen, nicht nach, so hat der Mandant den "schwarzen Peter", wenn er einen Rückzahlungsanspruch geltend machen will. Denn nach Auffassung des BGH hat der Mandant die tatsächlichen Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs darzulegen und im Streitfall zu beweisen. Dies setzt zunächst einmal voraus, dass der Mandant die seinem Rechtsanwalt angefallene Vergütung berechnet, hiervon den gezahlten Vorschuss abzieht und dann den ggf. überzahlten Vorschussbetrag ermittelt. Der Rechtsanwalt, der den Mandanten bei seinem Rückzahlungsbegehren gegen dessen früheren Anwalt vertritt, sollte dabei auch die Frage der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs im Blick haben und den Mandanten entsprechend beraten und ggf. verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 1/2021, S. 19 - 20