Aufgrund der Rspr. des BGH (8. Zivilsenat, NJW 2008, 1323 [= AGS 2008, 158]; 6. und 8. Zivilsenat, JurBüro 2008, 468 und 469; 4. Zivilsenat, AGS 2008, 377; 9. Zivilsenat, NJW 2008, 3641 [= AGS 2008, 539]) zur Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV auf die Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV; hier zuzüglich der Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 VV) des gerichtlichen Verfahrens gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV besteht zwischen den Parteien zur Frage der grundsätzlichen Anrechnung und deren Höhe kein Streit, sondern lediglich zu Art und Weise dieser Anrechnung beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 RVG.
Ausgehend vom Wortlaut der Anrechnungsvorschrift gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV und der vorgenannten Rspr. des BGH ist von Folgendem auszugehen:
Die Anrechnungsvorschrift bezweckt unter einem aufwandsbezogenen Gesichtspunkt die Kürzung der Verfahrensgebühr, weil der Prozessbevollmächtigte aufgrund seiner vorprozessualen Befassung mit dem Streitstoff in der Regel nur einen geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand hat. Dementsprechend besagt Vorbem. 3 Abs. 4 VV, dass die Anrechnung vorzunehmen ist, wenn "wegen desselben Gegenstands" die vorgerichtliche Geschäftsgebühr und die gerichtliche Verfahrensgebühr entstanden sind.
Dies trifft vorliegend aber nur zu bezüglich des rechtshängigen Zahlungsanspruchs von 120.000,00 EUR, weswegen die vom Beklagtenvertreter vorgenommene Anrechnung auf die Verfahrensgebühr aus diesem Streitwert vor Anwendung des § 15 Abs. 3 RVG gerechtfertigt erscheint.
Hierfür spricht außerdem, dass der BGH (NJW 2007, 3500; NJW 2008, 1323) klargestellt hat, dass sich allein die wegen desselben Gegenstands später anfallende Verfahrensgebühr infolge der Anrechnung reduziert durch den anrechenbaren Teil der zuvor entstandenen Geschäftsgebühr, die ihrerseits von der Anrechnung unangetastet bleibt. Damit konnte die Verfahrensgebühr bezüglich des rechtshängigen Zahlungsanspruchs nur in dem bereits geschmälerten Umfang im Rahmen des § 15 Abs. 3 RVG berücksichtigt werden.
Schließlich ist die um die anteilige Geschäftsgebühr geminderte Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 1008 VV aus dem rechtshängigen Zahlungsanspruch von 120.000,00 EUR zu einem früheren Zeitpunkt angefallen, als die Verfahrensgebühr aus dem Mehrwert des Vergleichs nach Nrn. 3101 Nr. 2, 1008 VV entstehen und damit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 RVG eintreten konnten, so dass eine Umgehung dieser Vorschrift nicht gegeben ist. Denn wenn die Summe der Einzelgebühren die 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtstreitwert nicht übersteigt, ist § 15 Abs. 3 RVG Genüge getan. Nr. 3101 Abs. 1 VV, der sich bezüglich Nr. 2 der Vorschrift auf § 15 Abs. 3 RVG bezieht, betrifft eine andere Fallkonstellation, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar ist. Hier geht es ausschließlich um die Anrechnung der die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV übersteigenden Gebühr nach § 15 Abs. 3 RVG auf die Verfahrensgebühr, die in einem anderen Verfahren entstanden ist oder entsteht wegen der einbezogenen nicht rechtshängigen, aber in diesem anderen Verfahren geltend gemachten Ansprüche (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, Nr. 3100 VV Rn 99 ff).
Diese Argumente wurden von der Rechtspflegerin bei der Kostenfestsetzung in ihre Überlegungen offensichtlich nicht einbezogen, als sie die Minderung durch die anzurechnende Geschäftsgebühr erst nach der Ermittlung der 1,6-Verfahrensgebühr von 2.536,00 EUR aus den addierten Werten von Streitwert und Mehrwert des Vergleichs (143.452,00 EUR) gem. § 15 Abs. 3 RVG vornahm. Hierdurch erlitten die Beklagten eine nicht gerechtfertigte Herabsetzung ihres Erstattungsanspruchs um 544,29 EUR.