Zusammenfassung
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) fordert bereits seit April 2008 eine Anpassung der Gebührentabellen des RVG angesichts der Tatsache, dass diese seit Juli 1994 unverändert geblieben sind. Zwar hat die Ablösung der BRAGO durch das RVG zum 1.7.2004 auch eine wirtschaftliche Verbesserung der Anwaltschaft in Deutschland gebracht, die Gebührentabellen für den Großteil der zivilrechtlichen Mandate sind aber – bis auf eine marginale Verschlechterung aus Anlass der Umstellung von DM auf EUR zum 1.1.2002 (durch das KostREuroUmstG v. 27.4.2001, BGBl 2001 I 751, vgl. Madert, AGS 2001, 266; Hauskötter, BRAGOprof. 2002, 70) – seit dem 1.7.1994 unverändert geblieben.
Nun haben der Präsident des DAV und der Präsident der BRAK am 15.12.2010 persönlich der Bundesministerin der Justiz Leutheusser-Schnarrenberger ein gemeinsames Schreiben von DAV und BRAK übergeben, mit dem die Forderung des DAV auf 15%-ige Anpassung der Anwaltsgebühren, der sich die BRAK und die Kammern seit Herbst 2009 angeschlossen haben, nachdrücklich wiederholt wird.
Dem gemeinsamen Schreiben von DAV und BRAK ist ein "Gemeinsamer Katalog von DAV und BRAK: Vorschläge zur strukturellen Änderung bzw. Ergänzung des RVG" beigefügt. Dieser Katalog umfasst im Einzelnen 17 Vorschläge zur Änderung des RVG im Rahmen der geforderten Gebührenanpassung in der laufenden Legislaturperiode. Als Beispiele, bei denen im Besonderen strukturelle Nachbesserungen notwendig sind, werden das Sozialrecht und das Ausländer- und Asylrecht benannt. Die Kernpunkte der Verbandsforderung auf Gebührenanpassung sowie die 17 Vorschläge für Änderungen beim RVG werden nachfolgend kurz skizziert.
I. Kernpunkte der Verbändeforderung auf Gebührenanpassung
Die zunächst nur vom DAV und seit Ende 2009 von DAV und BRAK gemeinsam beim Bundesjustizministerium und den Rechtspolitikern der Bundestagsfraktionen eingeforderte Anpassung der Gebührentabellen des RVG steht vor dem Hintergrund, dass es nach der letzten strukturellen Änderung zum 1.7.2004 und der letzten linearen Anpassung der Gebühren zum 1.7.1994 nunmehr an der Zeit ist, eine weitere Anpassung vorzunehmen. Auch die Tabellenanpassungen in früheren Dekaden erfolgten in einem zeitlichen Rhythmus von etwa sechs bis acht Jahren. Beide Spitzenverbände der Anwaltschaft sind sich einig, dass das Anpassungsvolumen 15 % betragen muss und sich aus strukturellen Änderungen sowie einer Anpassung der Gebührentabellen zusammensetzen sollte. Verein und Kammer weisen in ihrem Schreiben an die Bundesjustizministerin ausdrücklich darauf hin, dass es nicht bei strukturellen Änderungen bzw. Ergänzungen des RVG belassen werden darf, sondern dass auch eine lineare Anpassung der Gebühren dringend erforderlich sei. Denn die Strukturreform der Rechtsanwaltsvergütung, die mit dem RVG zum 1.7.2004 in Kraft getreten ist, habe sich nur für einen Teil der Anwaltschaft positiv ausgewirkt. Diejenigen Rechtsanwälte, die auf Rechtsgebiete spezialisiert sind, in denen regelmäßig Beweisaufnahmen anfallen, seien jedoch durch das RVG wegen des Wegfalls der Beweisgebühr benachteiligt worden. Es sei nunmehr an der Zeit, einen Ausgleich durch die lineare Anhebung der Gebühren zu schaffen.
Die Bundesministerin der Justiz hat Ende Januar 2011 in ihrer Antwort an die beiden Verbandspräsidenten freundlich reagiert. Sie äußert darin Verständnis, dass die Anwaltschaft mehr als sechs Jahre nach dem Inkrafttreten des RVG auf die Notwendigkeit einer Anpassung ihrer Gebühren hinweist. Sie unterstützt das Anliegen, eine Anpassung der Gebühren noch in dieser laufenden 17. Wahlperiode anzupassen. Sie weist allerdings auf die Notwendigkeit hin, zu diesem Thema einen Konsens mit den Bundesländern zu erzielen, deren Haushalte durch Gebührenanhebungen belastet würden. Ein solcher Konsens sei nur zu erreichen, wenn den Ländern eine ausreichende Kompensation für die zu erwartenden Mehrausgaben angeboten werden könne. Außerdem betont sie die Komplexität der zu regelnden Materie und insbesondere die notwendige Ermittlung von Zahlen und bittet um Verständnis darum, dass dies noch einige Zeit der Vorbereitung erfordere. Angesichts dieser Rahmenbedingungen erscheint es unrealistisch, mit einem Gesetzesbeschluss im Bundestag zu rechnen, der deutlich vor dem Ende der Legislaturperiode liegt. Damit wäre dann auch ein Wirksamwerden einer Gebührenanpassung vermutlich erst zum 1.7.2013 wahrscheinlich.
II. Gemeinsame Vorschläge von DAV und BRAK zur Änderung des RVG
1. Einigungsgebühr bei Ratenzahlungsvergleichen
Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV wird folgender Satz angefügt:
"Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung des Anspruchs unsicher ist."
Begründung:
Es ist umstritten, ob die Einigungsgebühr entsteht, wenn ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, danach aber ein Ratenzahlungsvergleich geschlossen wird. Nach dem Wortlaut der Nr. 1000 VV dürfte die Einigungsgebühr nicht entstehen, da kein Streit über ein Rechtsverhältnis besteht. Das Rechtsverhältnis ist völlig unstreitig, es wird lediglich eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen. Aus der amtlichen Begründung zu Nr. 1000 VV ergibt sich aber, dass der Ratenzahlungsvergleich die Einigungsgebüh...