In Streit ist vorliegend, nach welcher Gebührenziffer sich die Verfahrensgebühr berechnet und in welcher Höhe diese Gebühr anzusetzen ist.
Die Urkundsbeamtin hat in dem mit Erinnerung durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger – Erinnerungsführer – angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss folgende Gebühren festgesetzt:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV |
40,00 EUR |
Erledigungsgebühr, Nr. 1008 VV |
36,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
50,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % Mehrwertsteuer |
27,74 EUR |
Summe |
173,74 EUR |
I. Einschlägige Gebührenziffer Verfahrensgebühr
Ob bei einer Untätigkeitsklage und vorangegangenem Tätigwerden des Rechtsanwalts im Verwaltungs- und/oder Widerspruchsverfahren Nr. 3102 VV oder Nr. 3103 VV zur Anwendung kommt, ist nach wie vor streitig. Die Urkundsbeamtin hat die Nr. 3103 VV angesetzt.
Das Gericht hält unter Verweis auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen v. 13.11.2008 (L 20 B 59/08 SO) die Gebührenziffer Nr. 3102 VV für einschlägig. Der Eintritt einer Arbeitserleichterung als Begründung für die Heranziehung des Gebührentatbestandes des Nr. 3103 VV (Synergieeffekte) kann nach dieser Entscheidung nur dann angenommen werden, wenn Gegenstand des außergerichtlichen Verfahrens und des gerichtlichen Verfahrens die Abwehr oder der Erlass desselben Verwaltungsaktes ist, also der gleiche Lebenssachverhalt dem Verfahren zugrunde liegt, der die gleiche Prüfung der materiellen Rechtslage erfordert. Voraussetzung für den Anfall der Gebühr nach Nr. 3103 VV ist demnach, dass Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ein Verwaltungsakt ist, der Gegenstand eines behördlichen Verfahrens – Verwaltungsverfahren und/oder Widerspruchsverfahren – war, in dem der Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Die Untätigkeitsklage ist aber als formelle Bescheidungsklage auf die bloße Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs gerichtet, so dass der Sondertatbestand der Nr. 3103 VV nicht eingreift.
Diese Begründung ist formal verfahrensrechtlich überzeugend, weshalb die Kammer der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen folgt, auch wenn sich praktisch gesehen ein Synergieeffekt durchaus insoweit ergibt, als der Rechtsanwalt aus dem vorhergehende Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren Kenntnis über die Fristen, die nach § 88 SGG laufen, und gegebenenfalls auch darüber hat, ob besondere Umstände die Bescheidung durch die Behörde nachvollziehbar verzögern.
Daher ist der Erinnerung hinsichtlich der Rüge der Gebührenziffer abzuhelfen.
II. Höhe der Gebühr
Hinsichtlich der Gebührenhöhe hat die Urkundsbeamtin die doppelte Mindestgebühr angesetzt. Das ist nicht zu beanstanden.
Die Untätigkeitsklage betraf die Bescheidung eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X. Die Klage wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem dem Prozessbevollmächtigten ein erlassener Änderungsbescheid, der trotz Legitimation nicht an ihn zugestellt worden war, zugegangen war.
Der Prozessbevollmächtigte hat vorliegend lediglich eine kurze Klageschrift gefertigt und eine Erledigungserklärung abgegeben. Damit beschränkte sich der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nahezu auf ein Minimum. In der Klageschrift werden die Voraussetzungen nach § 88 Abs. 2 SGG dargestellt. Der Zeitaufwand für den Prozessbevollmächtigten hat deshalb weit unter dem gelegen, was in einem sozialgerichtlichen Verfahren normalerweise anfällt. Auch die Bedeutung des Verfahrens für den Kläger berechtigt nicht zu einer Festsetzung der Mittelgebühr. Streitgegenstand war eine Untätigkeitsklage, dies ist ein rein prozessuales Instrument (s.o. zur Gebührenziffer Nr. 3102 VV) zur Beschleunigung des Verfahrens und eröffnet keinen unmittelbaren Weg zur Erlangung der begehrten Sachleistung.
Die Einlassung des Prozessbevollmächtigten, andere Gerichte hätten 40 % bzw. 50 % der Mittelgebühr angesetzt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Kammer hält die doppelte Mindestgebühr grundsätzlich für angemessen, es sei denn die Untätigkeitsklage weist besondere Schwierigkeiten auf, etwa die Rüge der Untätigkeit in Bezug auf verschiedene Anträge und/oder Widersprüche. Dies ist hier nicht der Fall.
Die Ansetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV ist zwar aus Sicht des Gerichts fehlerhaft erfolgt. Denn dazu fehlt es an einer Beendigung des Verfahrens durch Annahme eines prozessualen Anerkenntnisses. Die Ansetzung einer Terminsgebühr wurde vom Erinnerungsgegner allerdings nicht gerügt. Insoweit war daher keine Entscheidung zu treffen.
Hiernach ergibt sich folgende Berechnung:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
80,00 EUR |
Erledigungsgebühr, Nr. 1008 VV |
72,00 EUR |
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV |
50,00 EUR |
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % Mehrwertsteuer |
42,18 EUR |
Summe |
264,18 EUR |