Aus kostenrechtlicher Sicht ist die Unterscheidung von Gesamtvergleich, Mehrvergleich und bloßer Protokollierung für das Festsetzungsverfahren unabdingbar, wenn es um die Entstehung der Einigungsgebühr geht. Allzu oft wird – wie auch vorliegend – dies nicht thematisiert.
Auch das LSG Nordrhein-Westfalen übersieht vorliegend, dass im Falle gemeinsamer einheitlicher Protokollierung eines einzigen Vergleiches, in welchem mehrere Rechtsstreitigkeiten "miterledigt" werden, aus kostenrechtlicher Sicht eben nicht mehrere Vergleiche in jeder Rechtssache vorliegen, sondern vielmehr ein einziger Vergleich in Form eines Gesamtvergleichs.
1. Mehrvergleich
Bei einem "Mehrvergleich" werden in der vorliegenden Sache fremde, nicht anhängige Streitgegenstände miteinbezogen und damit miterledigt.
In einem Mehrvergleich treffen die Beteiligten also über den eigentlichen Streitgegenstand hinaus weitere Regelungen.
Die Anwendung der Regelung des § 15 Abs. 3 RVG infolge des "Mitvergleichens" und der Entstehung der Nrn. 1003 (1,0) und 1000 (1,5) VV wie bei Wertgebühren gibt es in der Doktrin der Betragsrahmengebühren nicht.
Ein Mehrvergleich führt nicht zu einer Erhöhung der Einigungsgebühr, da für diese allein die Erledigung des streitgegenständlichen Verfahrens maßgeblich ist (Hessisches LSG, Beschl. v. 23.6.2014 – L 2 AS 568/13 B).
Nach der Anm. Abs. 1 zu Nr. 1006 VV bestimmt sich die Gebühr einheitlich nach dieser Vorschrift, wenn in die Einigung Ansprüche einbezogen werden, die nicht in diesem Verfahren rechtshängig sind. Maßgebend für die Höhe der Gebühr ist die im Einzelfall bestimmte Verfahrensgebühr in der Angelegenheit, in der die Einigung erfolgt. Die Einigungsgebühr ist demnach immer an die Verfahrensgebühr gekoppelt.
Vielmehr müsste sich hier der Mehraufwand in den Kriterien des § 14 RVG niederschlagen, um so die anwaltliche Tätigkeit in Gestalt der Einigungsgebühr durch Erhöhung der Verfahrensgebühr zu honorieren.
2. Gesamtvergleich
Bei einem "Gesamtvergleich" handelt es sich um eine einheitliche Einigung, in welcher mehrere in anderen Streitverfahren anhängige Gegenstände miterledigt werden.
Ob aus Gründen der Übersichtlichkeit oder der Arbeitserleichterung nur eine Vergleichsniederschrift in einem Verfahren gefertigt wird, kann dahingestellt bleiben. Denn der Abschluss eines einzigen einheitlichen gerichtlichen Vergleichs über mehrere Rechtstreitigkeiten bringt den übereinstimmenden Willen der Beteiligten und auch des Gerichts zum Ausdruck, die Angelegenheiten hinsichtlich der Erledigung als miteinander verbunden anzusehen sowie einer einheitlichen gemeinsamen Einigung zuzuführen um somit dem Grundsatz der Kostensparenden Prozessführung gerecht zu werden.
Die Einigungsgebühr entsteht hier aufgrund der Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 1006 VV ebenfalls i.H.d. Verfahrensgebühr des Verfahrens, in welchem die Einigung erzielt worden ist.
3. Gemeinsame Protokollierung
Dies zu unterscheiden gilt es von einer bloßen gemeinsamen Protokollierung der Einigungen mehrerer Rechtsstreitigkeiten. Hier ist unstreitig, dass für jede Einigung in jeder Rechtssache eigene Einigungsgebühren entstehen.
Es kommt daher – wie so oft – auf die Gestaltung des Vergleiches bzw. der Sitzungsniederschrift an. Derjenige, der hierauf achtet, ist also gut beraten.
Wird in jedem mitverhandelten Verfahren ein nur dieses Verfahren betreffender Vergleich geschlossen und dies auch entsprechend mit Aktenzeichen im Sitzungsprotokoll festgehalten, entstehen zweifelsfrei mehrere Einigungsgebühren.
Wird in einem Verfahren jedoch nur ein Vergleich als Gesamtvergleich geschlossen, welcher mehrere Verfahren betrifft, dann entsteht nur in dem Verfahren, in welchem die Einigung erfolgte, eine Einigungsgebühr.
Hierauf sollte also bei Protokollierung im Termin geachtet werden.
Dipl.-RPfleger Julian Dahn, Herford
AGS 2/2022, S. 65 - 67