1. Vermögenseinsatz: noch nicht ausgezahltes Kapital einer Lebensversicherung
Ob eine Lebensversicherung zum einsetzbaren Vermögen im Rahmen der VKH zählt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Die entsprechende Prüfung richtet sich im Wesentlichen nach der jeweiligen Ausgestaltung des zugrundeliegenden Vertrages und der vorzunehmenden Einzelfallprüfung (Lissner/Dietrich/Schmidt, a.a.O., Rn 98). Grds. hat die bedürftige Partei eine Kapital-Lebensversicherung für die Verfahrenskosten einzusetzen (BGH, Beschl. v. 9.6.2010 – XII ZB 120/08).
Zunächst ist die Frage zu stellen, ob der Betrag aus der Lebensversicherung bereits ausgezahlt wurde. Handelt es sich um eine noch nicht ausgezahlte Lebensversicherung, so muss es sich um eine kapitalbildende Form einer Lebensversicherung handeln. Reine Risikolebensversicherungen oder Rentenversicherungen ohne Kapitalbildung stellen kein einzusetzendes Vermögen dar. Ferner darf es sich nicht um eine staatlich geförderte Altersvorsorge gem. § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zertifizierte Versicherung (sog. Riester-Rente) i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII handeln.
Ebenso ist ein vertraglicher Verwertungsausschluss gem. § 168 Abs. 3 VVG zu berücksichtigen (LAG Hamm, Beschl. v. 17.12.2018 – 5 Ta 477/18). Des Weiteren ist zu prüfen, ob die Lebensversicherung für die Altersvorsorge der bedürftigen Partei dient und ob daneben nur eine niedrige gesetzliche Rente zu erwarten ist (OLG Hamm FamRZ 2016, 393 = AGS 2016, 303). In diesem Kontext gilt die Verwertung einer Lebensversicherung dann nicht mehr als angemessen, wenn die bedürftige Partei im Rentenalter ohne die entsprechende Lebensversicherung voraussichtlich sozialleistungsbedürftig wird (BGH VersR 2011, 1028). Die bedürftige Partei hat insoweit betreffend die Frage der Angemessenheit der Alterssicherung die Darlegungspflicht und muss erläutern, welche Vorsorge sie für die Altersabsicherung getroffen hat und warum diese künftig auch ohne die vorhandene Lebensversicherung nicht ausreichend ist. Dies hat sie auch entsprechend zu belegen (OLG Koblenz FamRZ 2015, 1919). Ein Härtefall i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII kann dann vorliegen, wenn eine Verwertung der Versicherung für die bedürftige Partei unwirtschaftlich ist.
2. Vermögenseinsatz: bereits ausgezahlter Kapitalbetrag einer Lebensversicherung
Wurde dagegen das Guthaben aus der Lebensversicherung bereits ausgezahlt, so bemisst sich der ausgezahlte Betrag grds. nach den Regeln über die Bewertung von vorhandenem Geldvermögen unter Beachtung der Schonvermögensgrenze gem. § 115 Abs. 3 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 S. 1 der Durchführungsverordnung (Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 11.2.1988 (BGBl I, 150), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 16.12.2022 (BGBl I, 2328) (Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 20. Aufl., 2023, § 115 Rn 53).
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Guthaben aus einer bereits ausgezahlten fondgebundenen Lebensversicherung auf einem Sparkonto. Dieses ausgezahlte Guthaben aus einer kapitalbildenden Anlageform kommt grds. als Vermögenseinsatz in Betracht (Lissner/Dietrich/Schmidt, a.a.O., Rn 98) und unterliegt der Bewertung des § 115 Abs. 3 ZPO (KG, Beschl. v. 24.1.2014 – 8 W 4/14). In der Entscheidungsbegründung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es sich vorliegend bei der Lebensversicherung um eine staatlich geförderte Riester-Rente gehandelt hat oder dass das vorhandene Vermögen gem. § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII zur Beschaffung eines Hausgrundstücks behinderter oder pflegebedürftiger Menschen verwendet werden sollte. Im vorliegenden Fall ist ferner nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin das Guthaben für eine angemessene Altersvorsorge benötigt oder bei Verwendung dieses Guthabens für die vorliegenden Verfahrenskosten voraussichtlich sozialleistungsbedürftig wird.
Die zuvor geäußerte bloße Absicht der Antragstellerin, mit dem ausgezahlten Betrag zu einem späteren Zeitpunkt das Baudarlehen sowie weitere vorhandene Verbindlichkeiten abzulösen, schützt den ausgezahlten Betrag nicht vor einem Einsatz für die Verfahrenskosten.
In dem Kontext kann vergleichend erwähnt werden, dass auch selbst der durch Veräußerung eines an sich gem. § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten Familienheims erlangter Veräußerungserlös aufgrund des Wegfalls der Privilegierung ebenfalls einzusetzendes Vermögen ist (OLG Brandenburg AGS 2020, 343 = FamRZ 2020, 1021 LS).
Die Antragstellerin hat das Guthaben zur Ablösung des bestehenden Baudarlehens verwendet. Das Sparkonto hatte ein Guthaben i.H.v. 14.060,19 EUR aufgewiesen. Hiervon ist der für die Antragstellerin nach den obigen Regelungen ein Schonvermögensbetrag i.H.v. 10.000,00 EUR abzuziehen. Hiernach wäre ein Restbetrag verblieben, aus dem ohne Weiteres die vorliegenden Verfahrenskosten i.H.v. 2.529,37 EUR gezahlt hätten werden können (Musielak/Voit/Fischer, a.a.O., § 115 Rn 53).
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