Der Entscheidung ist teilweise zuzustimmen, teilweise aber auch zu widersprechen.
1. Die dem Terminsvertreter zustehenden Gebühren
Zuzustimmen ist der grundsätzlichen Aussage des OLG (oben II. 1. und 2.) zu den für den Terminsvertreter entstehenden Gebühren. Es ist zutreffend, wenn sich das OLG der insoweit h.M. in Rspr. und Lit. anschließt (vgl. dazu auch Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Vorbem. 4.1 VV Rn 5 m.w.N. aus Rspr. und Lit.). Zu der Frage ist inzwischen so viel geschrieben worden, dass es müßig ist, die Argumente, die für die Auffassung des OLG sprechen, hier noch einmal zu wiederholen. Insoweit verweise ich auch auf Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O.
2. Versagung der Verfahrensgebühr
Nicht folgen kann man m.E. aber dem OLG, warum eine Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV nicht entstanden sein soll. Zwar beschränkt das OLG seine Ausführungen auf den vorliegenden Fall, wenn es mit "im vorliegenden Fall" formuliert. Aber unabhängig davon sind die Ausführungen nicht zutreffend. Denn die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV ist auf jeden Fall entstanden. Das OLG übersieht nämlich, dass nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG Grundgebühr Nr. 4100 VV und jeweilige Verfahrensgebühr immer nebeneinander entstehen (vgl. zur Grundgebühr Burhoff, AGS 2022, 433 m.w.N.). Bis dahin bestand in Rspr. und Lit. Streit um die jeweiligen Abgeltungsbereiche von Grund- und Verfahrensgebühr, den der Gesetzgeber durch die Ergänzung der Anm. 1 zu Nr. 4100 VV um "neben der Verfahrensgebühr" beseitigen wollte und beseitigt hat. Dabei kommt es auf den Umfang der jeweiligen Tätigkeit beim Pflichtverteidiger, mit dem wir es hier zu tun haben, nicht an. Denn er erhält unabhängig vom Umfang der von ihm erbrachten Tätigkeiten Festgebühren, die mit Erbringung der ersten Tätigkeit für den Mandanten entstehen.
Und das OLG irrt bzw. wählt den falschen Ansatz, wenn es für die Frage des Entstehens der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV allein darauf abstellt, was in dem Termin am 26.9.2022 geschehen ist. Das ist unerheblich, da diese Tätigkeiten durch die Terminsgebühr Nr. 4112 VV abgegolten werden. Alle übrigen Tätigkeiten werden aber durch Grundgebühr- bzw. Verfahrensgebühr abgegolten. Und das ist eben nicht nur, wie das OLG offenbar meint, die Vorbereitung auf eine Beweisaufnahme, sondern jede zusätzliche Tätigkeit, die von Rechtsanwalt R erbracht wurde. Ausreichend sind ein Gespräch mit dem eigentlichen Pflichtverteidiger über die Übernahme der Vertretung im Termin, ein Gespräch mit dem Mandanten, das im Zweifel vor dem Hauptverhandlungstermin geführt worden ist, usw. Dass es sich dabei um nur geringe Tätigkeiten handelt, ist für Pflichtverteidigergebühren ohne Bedeutung, weil dies Festbetragsgebühren sind. Daher hätte hier die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV dem Rechtsanwalt ebenfalls zugebilligt werden müssen. Die Entscheidung des LG war also zutreffend.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 4/2024, S. 171 - 173