Der BGH hatte in zwei Entscheidungen zur Nichtzulassungsbeschwerde und zum Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO die Auffassung vertreten, eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV könne nur dann anfallen, wenn für das Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Dies hatte der BGH letztlich aus Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV und allgemeinen Rechtsgedanken hergeleitet.
Dabei hatte der BGH übersehen, dass die Einschränkung in Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nur für die dort geregelten Sonderfälle der Terminsgebühr gilt, nämlich bei
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Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
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im Einverständnis der Parteien, |
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im Verfahren nach § 495a ZPO, |
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bei Anerkenntnisurteil nach § 307 ZPO und |
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Mitwirkung beim Abschluss eines schriftlichen Vergleichs. |
Wenn diese Einschränkung für alle Fälle der Terminsgebühr gewollt gewesen wäre, dann hätte der Gesetzgeber diese Einschränkung in die Vorbem. 3 Abs. 3 VV mit aufgenommen. Dies hat er aber bewusst nicht getan. In allen Fällen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV soll eine Terminsgebühr anfallen, unabhängig davon, um welche Art Verfahren es sich handelt.
Mit derselben Logik müsste man sonst auch eine Terminsgebühr für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung in Verfahren verneinen, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen ist.
Die beiden Entscheidungen des BGH sind in der Instanzrechtsprechung daher auch auf erhebliche Kritik gestoßen. Das OLG München hatte bereits in einem anderen Fall die Rspr. des BGH ausdrücklich abgelehnt. Dort ist die zugelassene Rechtsbeschwerde allerdings nicht eingelegt worden.
Auch das OLG Dresden ist der Rspr. des BGH nicht gefolgt und hat die Terminsgebühr im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zugesprochen.
Auch in anderen Gerichtsbarkeiten wird eine Terminsgebühr für Verfahren gewährt, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, so z.B. im verwaltungs- oder finanzgerichtlichen Eilverfahren.
Wie das OLG München zu Recht ausführt, läuft die gesetzeswidrige Einschränkung des BGH dem Sinn und Zweck der Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV zuwider. Der Gesetzgeber wollte mit diesem Gebührentatbestand einen Anreiz für die beteiligten Anwälte schaffen, möglichst frühzeitig an der Erledigung des Verfahrens mitzuwirken. Dieser Zweck würde aber nur teilweise erreicht, wenn für die Verfahren, in denen eine mündlichen Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, ein solcher Anreiz nicht bestünde. In diesem Falle würde gerade ein Anreiz geschaffen, es auf eine mündliche Verhandlung – die ja durchaus möglich ist – ankommen zu lassen, um dann dort die Terminsgebühr zu verdienen.
Es wird daher Zeit, dass der BGH Gelegenheit erhält, seine Rechtsauffassung zu überdenken und zu korrigieren. Zuständigerweise hat das OLG München die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese ist zwischenzeitlich auch eingelegt. Das Aktenzeichen des BGH lautet X ARZ 111/11.
Dass hier ein einstweiliges Verfügungsverfahren zugrunde lag, ist insoweit unerheblich. Zwar hätte in der Hauptsache der BGH nicht angerufen werden können (§ 542 ZPO); dieser Ausschluss gilt jedoch nur für die Hauptsache selbst, nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, das durchaus einen weitergehenden Instanzenzug haben kann als die Hauptsache.
Norbert Schneider