Das OLG meint, dass auch nach Einführung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl I, 2128) die Teilnahme des Rechtsbeistands an Terminen zur Vernehmung des Verfolgten vor dem AG nach den §§ 21, 22 oder 28 IRG keine Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV auslöse. Das OLG verweist dazu zunächst auf die einhellige Auffassung der Oberlandesgerichte zur bisherigen Rechtslage, wonach anerkannt sei, dass im Auslieferungsverfahren ein Termin vor dem Richter beim AG – sei es zur Entscheidung über eine Festhalteanordnung, sei es zur Verkündung eines Haftbefehls – eine Terminsgebühr nicht auslöse (vgl. dazu die Nachw. bei Volpert, in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 6102 VV Rn 6, wie die OLG auch Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 49. Aufl., VV RVG 6102 Rn 7; Kroiß, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., Nrn. 6100–6102 VV, Rn 4; a.A. OLG Jena, Beschl. v. 14.5.2007 – 1 Ws 122/07). Dafür spreche bereits der Wortlaut der einschlägigen Norm. Die Terminsgebühr Nr. 6102 VV entstehe für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen "je Verhandlungstag". Das Ergebnis der Wortlautauslegung werde durch eine systematische Betrachtung in Gestalt eines Vergleichs mit der Regelung der Vergütung eines Verteidigers für dessen Teilnahme an einem Termin zur Verkündung eines die Untersuchungshaft anordnenden Haftbefehls gestützt. Das Fehlen einer Nr. 4102 Nr. 1 VV entsprechenden Regelung für die Teilnahme an "richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen" in den Regelungen für das Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen zeige, dass der Gesetzgeber hier gerade kein generelles Anfallen einer Terminsgebühr für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen außerhalb von Verhandlungsterminen anordnen wollte.
Die Gegenansicht (OLG Jena, a.a.O.; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., VV 6100–6102 Rn 7; Schneider, in: Riedel-Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 6100 6102 Rn 8; Burhoff/Volpert/Volpert, a.a.O., Nr. 6102 VV RVG Rn 7; v. Seltmann, BeckOK RVG, 50. Ed., VV 6101–6102 Rn 13 ff.), nach der auch Termine vor dem Amtsgericht nach §§ 21, 22, 28 IRG die Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV auslösen, könne nicht überzeugen. Insbesondere könne sie nicht auf den Wortlaut der Vorbem. 6 Abs. 3 VV gestützt werden. Hiernach entstehe "die Terminsgebühr ... für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, soweit nichts anderes bestimmt ist". Hinsichtlich des Verfahrens nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Abschnitt 1) werde durch die Regelung in Nr. 6102 VV dadurch etwas anderes bestimmt, dass Terminsgebühren nur für Verhandlungstage anfallen. Der Rechtsbeistand im Auslieferungsverfahren wäre zudem gegenüber dem Verteidiger in allgemeinen Strafsachen ohne sachlichen Grund bessergestellt.
Soweit diese Ansicht auf die Bedeutung abstelle, die der Entscheidung des Verfolgten in diesen Terminen über eine Erklärung des Einverständnisses mit einer vereinfachten Auslieferung (§ 41 IRG) gem. §§ 21 Abs. 6, 22 Abs. 3 S. 3, 28 Abs. 3 IRG mit weitreichenden Folgen zukommt (OLG Jena, a.a.O., Rn 18; Oehmichen, FD-StrafR 2018, 400418), sei diese seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.11.2020 (C-510/19) entscheidend gemindert. Nachdem nämlich der Europäische Gerichtshof entschieden habe, dass der Begriff der "vollstreckenden Justizbehörde" i.S.v. Art. 6 Abs. 2 RB-EuHB eine Staatsanwaltschaft, die unmittelbar oder mittelbar Anordnungen oder Einzelweisungen der Exekutive unterworfen werden kann, nicht umfasse, unterliege die von der Generalstaatsanwaltschaft vorzunehmende Bewilligungsentschließung nach §§ 79, 83a IRG einer gerichtlichen Überprüfung. Vor diesem Hintergrund sei die Tragweite der Einverständniserklärung mit der vereinfachten Auslieferung überschaubar, da – auch ohne Durchführung des förmlichen Auslieferungsverfahrens (vgl. § 41 Abs. 1 IRG) – nunmehr in jedem Fall eine oberlandesgerichtliche Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung und der Bewilligungsentscheidung erfolge.