1. Es war zu erwarten, dass sich der Streit um den Anfall der Nr. 6102 VV zum alten Recht nach dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung v. 10.12.2019 (BGBL I, 2128) fortsetzen würde. M.E. ändern die umfangreichen Ausführungen des OLG, die hier nur verkürzt wieder gegeben sind, aber nichts daran, dass die Ansicht, die in den dargestellten Fällen keine Terminsgebühr Nr. 6102 VV gewährt, nach wie vor falsch ist. M.E. hat die Lit. (zum alten Recht) überzeugend dargelegt, warum und weshalb auch in den Fällen dem Beistand eine Terminsgebühr zusteht. Daran hat sich nicht geändert. Und das gilt erst recht, wenn man die Ziele der gesetzlichen Neuregelung mit einbezieht, nämlich dem Verfolgten – ebenso wie dem Beschuldigten im Strafverfahren – möglichst früh und immer einen Rechtsbeistand zur Seite zu stellen. Diese Ziele konterkariert das OLG, wenn es darauf abstellt, dass die gebührenrechtlichen Vorschriften nicht geändert worden sind.

2. M.E. ist diese Konstellation ein weiterer Fall von gesetzgeberischem Versäumnis. Denn: Ich kann nicht einerseits in Umsetzung der PKH-Richtlinie immer mehr und immer früher anwaltlichen Beistand propagieren und festschreiben, andererseits dann aber nicht dafür sorgen, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts in Form der Teilnahme an solchen Terminen auch ausreichend honoriert wird. Das wird gerade bei der vom OLG zur Stützung seiner Auffassung angeführten Rspr. zur Nr. 4102 Nr. 3 VV deutlich und eben auch hier. Es wäre längst an der Zeit, dass sich an den Stellen endlich etwas tut und klargestellt wird, dass diese Tätigkeiten mit einer Terminsgebühr honoriert werden. Das würde solche "Eiertänze" wie hier vermeiden und endlich damit Schluss machen, dass die OLG sowohl bei der Nr. 6102 VV als auch bei der Nr. 4102 VV vom Verteidiger/Rechtsanwalt Rechtsschutz zum Nulltarif fordern. I.Ü.: Auch die OLG könnten sich bewegen und endlich über ihre Schatten springen und den Begriff der "Verhandlung" weiter sehen, als sie es bisher tun. Aber das ist bei anwaltlichen Gebühren wohl zu viel verlangt.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 5/2021, S. 215 - 217

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge