Der Auffassung des BGH dürfte wohl zu folgen sein, allerdings nicht seiner Berechnung.
Wie ein Anwalt eine Terminsgebühr aus dem Wert von über 40.000,00 EUR verdienen können soll, gleichzeitig aber nur eine Verfahrensgebühr aus 39.188,11 EUR, ist nicht nachzuvollziehen. Mit jeder mündlichen Verhandlung und jeder Besprechung i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV wird auch immer das Geschäft betrieben, so dass die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV ausgelöst wird. Offenbar hat der BGH bei der Terminsgebühr die Aufrechnungsforderung mit berücksichtigt und bei der Verfahrensgebühr nicht. Das kann im Ergebnis aber nicht richtig sein.
Nicht nachvollziehbar ist auch, wie der BGH bei einer Aufrechnung zu einer Erhöhung des Streitwertes gelangt. Weder eine Aufrechnung noch eine Hilfsaufrechnung erhöhen den Streitwert, sondern nur eine streitige Hilfsaufrechnung (§ 45 Abs. 3 GKG). Nach dem Sachverhalt war eine solche allerdings nicht gegeben. Möglicherweise ist aber auch nur die Sachverhaltsschilderung falsch. Im Folgenden soll daher davon ausgegangen werden, dass hier eine streitige Hilfsaufrechnung vorgelegen hat und das Gericht auch in einer der Rechtskraft fähigen Weise (§ 322 Abs. 2 ZPO) hierüber entschieden hat.
Bei der Berechung ist Folgendes zu beachten: Bis zur Verbindung waren zwei Verfahren gegeben, nämlich das Verfahren 3 O 693/06 und das Verfahren 3 O 685/06.
Die Streitwerte berechneten sich wie folgt:
I. Verfahren 3 O 693/06
1. |
Zahlungsantrag |
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4.323,17 EUR |
2. |
Widerklage |
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8.551,47 EUR |
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Zwischensumme Klage- und Widerklageanträge |
12.874,64 EUR |
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3. |
Streitige Hilfsaufrechnung |
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3.951,47 EUR |
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Gesamt |
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16.826,11 EUR |
II. Verfahren 3 O 685/06
Klageforderung |
26.313,47 EUR |
III. Gesamt
Die Summe beider Verfahrenswerte belief sich somit auf |
43.139,58 EUR |
Bis zur Verbindung waren folgende Gebühren angefallen:
I. Verfahren 3 O 693/06 (Wert: 16.826,11 EUR)
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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787,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
727,20 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.535,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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291,65 EUR |
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Gesamt |
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1.826,65 EUR |
II. Verfahren 3 O 685/06 (Wert: 26.313,47 EUR)
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
985,40 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.005,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
191,03 EUR |
|
Gesamt |
|
1.196,43 EUR |
Nunmehr wurde das Verfahren 685/06 zu dem Verfahren 3 O 693/06 hinzuverbunden. Es entstand also – wie der BGH zutreffend ausführt – kein drittes Verfahren. Vielmehr erhöhte sich – wie bei einer Klageerweiterung – der Wert im Verfahren 3 O 685/06 von 16.826,11 EUR um 26.313,47 EUR auf 43.139,58 EUR. Damit erhöhte sich die Vergütung des Anwalts wie folgt:
Verfahren 3 O 693/06 nach Verbindung (Wert: 43.139,58 EUR)
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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1.266,20 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
1.168,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.455,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
466,45 EUR |
|
Gesamt |
|
2.921,45 EUR |
Wären in den beiden Verfahren zwei verschiedene Anwälte tätig gewesen, so hätte der Anwalt im Verfahren 3 O 685/06 die Vergütung in Höhe von 1.196,43 EUR verdient und der Anwalt im Verfahren 3 O 693/06 die Vergütung in Höhe von 2.921,45 EUR.
Da hier jedoch derselbe Anwalt in beiden Verfahren tätig war, ist § 15 Abs. 2 S. 1 RVG zu beachten: Der Anwalt erhält in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal. Danach könnte der Anwalt nur die Gesamtvergütung verlangen, da er hinsichtlich sämtlicher Gegenstände in derselben Angelegenheit – jedenfalls nach Verbindung – tätig geworden ist.
Jetzt ist aber noch § 15 Abs. 4 RVG zu beachten. Gebühren, die einmal entstanden sind, können nachträglich nicht entfallen. Da die Verfahrensgebühren bereits getrennt angefallen waren, konnten diese nachträglich nicht wieder entfallen. Sie bleiben dem Anwalt erhalten.
Anders verhält es sich bei der Terminsgebühr. Hier ist die Terminsgebühr zunächst nur in dem Verfahren 3 O 685/06 entstanden, also in Höhe von 727,20 EUR. Gem. § 15 Abs. 4 RVG konnte diese Gebühr nicht entfallen. Sie bleibt daher dem Anwalt auf jeden Fall erhalten. Soweit die Terminsgebühr später aus dem Wert von 43.139,58 EUR entstanden ist, ist sie gegenüber dem Verfahren 3 O 685/06 aber nicht in einem anderen Verfahren entstanden, sondern in demselben Verfahren, da nach Verbindung nur noch eine Angelegenheit vorlag, in der das Verfahren 3 O 385/06 aufgegangen war. Folglich hat sich hier die bereits entstandene Terminsgebühr lediglich erhöht, weil jetzt ein weiterer Streitwert hinzukam. Es entstand aber nicht eine zweite Gebühr. Das würde gegen § 15 Abs. 2 S. 1 RVG verstoßen, wonach in derselben Angelegenheit die Gebühr nur einmal entstehen kann.
Die zutreffende Abrechnung musste danach wie folgt lauten:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, Verfahren 3 O 693/06, (Wert: 26.313,47 EUR) |
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985,40 EUR |
2. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, Verfahren 3 O 685/06, (Wert: 16.826,11 EUR... |