1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, im Verfahren 3 O 693/06 sei im ersten Termin nur zur Klage und Widerklage, d.h. mit einem Streitwert von 12.874,64 EUR, nicht aber zu weiteren Ansprüchen verhandelt worden. Da im Verfahren 3 O 685/06 nie isoliert verhandelt worden sei, sondern erst nach Verbindung beider Verfahren, bestehe das dem Antragsteller zustehende Wahlrecht zwischen einer Abrechnung nach den Einzelwerten oder derjenigen nach dem Gesamtwert daher nur bezüglich der Verfahrensgebühr, nicht aber bezüglich der Terminsgebühr. Für die Berechnung der jeweiligen Gebühren sei – jedenfalls zugunsten des Antragstellers – bei 3 O 693/06 von einem Streitwert von 12.874,64 EUR, bei 3 O 685/06 von 26.313,47 EUR auszugehen. Nach der Verbindung sei die gerichtliche Wertfestsetzung von bis 45.000,00 EUR maßgeblich. Nur aus diesem Wert sei die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV zu berechnen. Die Verbindung sei in ihrer Wirkung einer Klageerweiterung vergleichbar. Der Auftrag zur Terminsvertretung erstrecke sich auf den Gesamtwert. Die Auslagenpauschale sei nur doppelt angefallen. Die Vergütung berechne sich netto mit 2.878,00 EUR, so dass sich zuzüglich der Umsatzsteuer ein Betrag von 3.424,82 EUR ergebe. Nach Abzug der Vorschusszahlungen seien 396,54 EUR festzusetzen.

2. Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV nach Verbindung zweier Verfahren nur aus dem Gesamtstreitwert zu errechnen ist, hierauf die zunächst im Verfahren vor dem LG – 3 O 693/06 – angefallene Terminsgebühr in vollem Umfang anzurechnen ist (unten a) und die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV dem Antragsteller nur aus den Gegenstandswerten von 12.874,64 EUR und 26.313,47 EUR zustehen kann (unten b). Es trifft auch zu, dass nach Verbindung keine weitere – dritte – Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV angefallen ist (unten c).

a) Die Frage, welche Terminsgebühren anfallen, wenn zunächst in einem Rechtsstreit mündlich verhandelt worden ist und zu einem späteren Zeitpunkt eine Verbindung mit einem anderen Verfahren erfolgt, in dem bis zur Verbindung nicht mündlich verhandelt wurde, wird in Rspr. und Lit. unterschiedlich beantwortet (offen gelassen bei BGH, Urt. v. 20.1.1988 – VIII ZR 296/06, NJW 1988, 1204 unter D).

aa) (1) I. S. d. Beschwerdegerichts geht die überwiegend vertretene Auffassung davon aus, dass die bereits entstandene Terminsgebühr auf die nach Verbindung aus dem Gesamtstreitwert zu ermittelnde Terminsgebühr anzurechnen ist (OLG Köln JurBüro 1987, 380; OLG München JurBüro 1986, 556; OLG Bamberg JurBüro 1986, 219; OLG Stuttgart JurBüro 1982, 1670; OLG Zweibrücken JurBüro 1981, 699; KG Rpfleger 1973, 441; Niedersächsisches FG EFG 2008, 242; VGH Baden-Württemberg NVwZ-RR 2006, 855; VG Hamburg NVwZ-RR 2008, 741; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. VV 3100 Rn 86, 88; Xanke, in: Göttlich/Mümmler, RVG 3. Aufl. "Verbindung" 2.2 S. 1053 f.; Fraunholz, in: Riedel/Sußbauer, RVG 9. Aufl. § 7 Rn 21, § 15 Rn 29; Keller in Riedel/Sußbauer a.a.O. VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn 36; Enders, JurBüro 2007, 169, 170).

(2)  Andere nehmen an, dass neben der bereits angefallenen Terminsgebühr eine weitere aus dem höheren Streitwert nach der Verbindung zu errechnen und diese in dem Verhältnis zu kürzen ist, das dem Anteil der schon verhandelten Sache am Gesamtstreitwert nach Verbindung entspricht (OLG Düsseldorf Rpfleger 1995, 477 [= AGS 1995, 109]; 1978, 427; OLG Frankfurt NJW 1958, 554 m. zust. Anm. Tschischgale; AnwK-RVG/Onderka/N. Schneider, 5. Aufl. VV Vorbem. 3 Rn 208 f.; Feller, in: Göttlich/Mümmler a.a.O. "Terminsgebühr des Teils 3" 9.2 S. 986; Hartmann, KostG 39. Aufl. § 2 RVG Rn 5). Nur diese Berechnung werde dem Grundsatz gerecht, dass einer Prozessverbindung gebührenrechtlich keine rückwirkende Kraft zukomme und dass durch sie – anders als bei einer nachträglichen Klageerweiterung oder Widerklage – keine Gebührennachteile entstehen sollen. Die Verbindung der Verfahren dürfe sich insbesondere deswegen nicht nachteilig auswirken, weil die Parteien in aller Regel keinen Einfluss auf die Vornahme der Verbindung durch das Gericht hätten.

Nach diesem Ansatz wäre – ohne Berücksichtigung der Aufrechnung mit ihrer Auswirkung auf die Streitwertfestsetzung – neben der Terminsgebühr aus dem zunächst verhandelten Streitwert von 12.874,64 EUR (Verfahren 3 O 693/06) eine solche aus dem Streitwert von 39.188,11 EUR anzusetzen, da hierüber zunächst nach Verbindung mündlich verhandelt wurde; letztere allerdings nur zu einem Anteil von (39.188,11–12.874,64)/39.188,11 = 67,1 %.

(3)  Das OLG Koblenz (JurBüro 1986, 1523) geht vom Entstehen zweier Gebühren aus, die sich aus den jeweiligen Streitwerten der verbundenen Verfahren errechnen. Gebührenrechtlich handele es sich bei dem verbundenen Verfahren um eine besondere Angelegenheit. Dabei sollen die Gebühren aus dem Streitwert vor Verbindung sowie aus einem Teilstreitwert errechnet werden, der sich aus der Differenz des Gesamtstreitwerts nach Verbindung und dem Streitwert vor Verbindung...

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