Leitsatz
- Da § 243 FamFG keine Regelung für die übereinstimmende Erledigungserklärung enthält, ist auf die allgemeinen Kostenvorschriften der ZPO, hier auf § 91a Abs. 1 ZPO zurückzugreifen.
- Fehlt einem Unterhaltsverfahren aufgrund der Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners von Beginn an die Erfolgsaussicht, kann es der Billigkeit entsprechen, dass der Antragsteller die Kostenlast zu tragen hat.
OLG Köln, Beschl. v. 30.8.2012 – 4 WF 102/12
1 Aus den Gründen
Die gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2, 91 a Abs. 2, 511, 567 ff. ZPO zulässige insbesondere frist- und formgerecht eingelegte – sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt, nachdem die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG erfolgt die Kostenentscheidung in Familienstreitsachen nach § 91a ZPO, soweit die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Denn § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG verweist darauf, dass für Familienstreitsachen die Allgemeinen Vorschriften der ZPO gelten. Das bezieht sich auch auf die Kostenvorschriften der §§ 91 ff. ZPO, wobei in materieller Hinsicht der § 243 FamFG für Unterhaltssachen lex specialis für die dort geregelten besonderen Fälle ist. Eine Regelung für die übereinstimmende Erledigungserklärung findet sich aber in § 243 ZPO nicht, sodass auf die allgemeinen Kostenvorschriften der ZPO, hier auf den § 91a Abs. 1 ZPO zurückzugreifen ist. Danach entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss, wenn die Beteiligten nach Rechtshängigkeit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
In erster Linie kommt es somit auf die Erfolgsaussicht des Verfahrens im Zeitpunkt der beiderseitigen Erledigungserklärungen an. Vorliegend fehlte dem Verfahren zu diesem Zeitpunkt die Erfolgsaussicht. Der Antragsteller machte aus übergegangenem Recht Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit (1.6.2007 – 31.5.2011) gegen den schon bei Einreichung und Zustellung des Antrags in diesem Zeitraum leistungsunfähigen Antragsgegner geltend. Dem Verfahren fehlte damit von Anfang an die Erfolgsaussicht, sodass der Antragsteller die Kostenlast zu tragen hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Billigkeitsgesichtspunkten unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG. Zutreffend weist nämlich das Familiengericht darauf hin, dass der Antragsteller verfrüht das Verfahren eingeleitet hat. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann auf die überzeugenden Ausführungen des Familiengerichts in der angefochtenen Entscheidung und im Nichtabhilfebeschluss verwiesen werden. Der Antragsteller kann insoweit nicht auf den Schriftwechsel im Jahre 2007 verweisen. Zum damaligen Zeitpunkt stand die Vaterschaft des Antragsgegners noch gar nicht fest, sodass er nicht zur Auskunftserteilung über sein Einkommen verpflichtet war. Der Antragsteller war gehalten, nach Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens den Antragsgegner erneut zur Auskunft aufzufordern. Dies galt umso mehr, als der Antragsteller im Jahre 2007 noch nicht volljährig war und schon von daher erheblich Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit bestehen mussten.
Es entspricht somit der Billigkeit, wenn der Antragsteller die Kosten des aller Voraussicht nach erfolglosen Unterhaltsverfahrens zu tragen hat.
2 Anmerkung
Die Billigkeitserwägungen, die das OLG seiner Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache zugrunde gelegt hat, sind nachvollziehbar, auch von dem ihm möglichen Ermessen getragen und deshalb das Ergebnis zutreffend und nicht zu beanstanden. So kann es zumindest gerechtfertigt und von Ermessen getragen sein, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn der Unterhaltssache von Beginn des Verfahrens an die Erfolgsaussicht wegen Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners gefehlt hat. Allerdings könnte auch das gegenteilige Ergebnis ein von einem sachgerechten Ermessen getragenes Vorgehen und als gerechtfertigt anzusehen sein, ausgehend davon, dass der Unterhaltsschuldner darlegungs- und beweispflichtig für seine Leistungsunfähigkeit ist, insoweit es um die Zahlung des Mindestunterhalts minderjähriger oder privilegiert volljähriger Kinder geht. Die Entscheidung des OLG ist im Ergebnis aber deshalb richtig, weil ihr nachvollziehbare Ermessenserwägungen zugrunde liegen.
Warum das OLG ohne Not über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG § 91a ZPO als Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung heranzieht und damit den dogmatisch richtigen Weg verlassen hat, versucht es zwar durch Darstellung einer vermeintlich wegweisenden Paragraphenkette, im Ergebnis aber nicht überzeugend herzuleiten.
Für die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG (Familienstreitsachen) wären an sich gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die §§ 91 ff. ZPO anzuwenden, wenn es nicht § 243 FamFG gäbe. Insoweit ist abweichend von den §§ 91 ff. ZPO ...