1. Gesetzliche Grundlagen
Der dem Kläger im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt hat gem. § 45 Abs. 1 S. 1 RVG einen Anspruch gegen die Landeskasse auf die gesetzliche Vergütung. Zu dieser gesetzlichen Vergütung gehören nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 RVG die Gebühren und Auslagen. Grund und Höhe des Vergütungsanspruchs bestimmen sich gem. § 48 Abs. 1 RVG nach dem Umfang der Beiordnung. Die Regelung in § 45 Abs. 1 RVG wird hinsichtlich der Auslagen modifiziert. Gem. § 46 Abs. 1 RVG werden Auslagen, insbesondere Reisekosten nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.
Das LAG Halle (Saale) hat zunächst darauf hingewiesen, dass dem Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht entgegensteht, dass die Bewilligung und Beiordnung erst durch Beschl. v. 6.12.2019 rückwirkend zum 6.11.2019 erfolgt war. Diese Entscheidung über den (rückwirkenden) Zeitpunkt der Beiordnung sei für das Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG bindend. Folglich könne eine Überprüfung der Richtigkeit des Bewilligungszeitpunktes im Festsetzungsverfahren nicht mehr erfolgen.
2. Kosten für den Terminsvertreter
Nach Auffassung des LAG Halle (Saale) hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers gem. § 46 Abs. 1 RVG gegen die Landeskasse auch einen Anspruch auf die Kosten für die Beauftragung des Terminsvertreters. Diese seien jedoch auf die fiktiven Reisekosten begrenzt, die entstanden wären, wenn der Klägervertreter den Gütetermin bei dem ArbG Halle selbst wahrgenommen hätte. Somit sei eine Vergleichsberechnung mit den durch die Beauftragung des Terminsvertreters nach § 5 RVG entstandenen Kosten vorzunehmen.
a) Keine Beiordnung des Terminsvertreters
Dem Anspruch des Prozessbevollmächtigten des Klägers steht nach den weiteren Ausführungen des LAG nicht entgegen, dass der Terminsvertreter keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat, da die Beiordnung des Terminsvertreters gem. § 121 Abs. 4 ZPO weder beantragt noch bewilligt worden sei. Nach Auffassung des LAG bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob eine solche Beiordnung überhaupt möglich gewesen wäre. Selbst aus der fehlenden Möglichkeit einer Beiordnung eines Terminsvertreters könne nämlich nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Anspruch auf Auslagenerstattung für die Beauftragung des Terminsvertreters nicht bestehe. Vielmehr seien die Kosten für die Wahrnehmung des Termins durch den Terminsvertreter jedenfalls in dem Umfang aus der Staatskasse zu zahlen, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts entstanden wären.
b) Dienste in eigener Person
Der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Ersatz seiner Auslagen ist nach den weiteren Ausführungen des LAG Halle (Saale) auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser die nach dem Anwaltsvertrag zu erbringenden Dienste gem. § 613 S. 1 BGB in eigener Person schulde. § 5 RVG sehe eine Vergütung auch für den Fall vor, dass der Rechtsanwalt, der eine Tätigkeit nicht persönlich erbringe, sich durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten lasse. Anhaltspunkte dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Innenverhältnis zu seinem Mandanten nicht berechtigt gewesen war, sich durch einen Terminsvertreter vertreten zu lassen, hat das LAG nicht gesehen. Folglich müsse sich die Landeskasse in gleicher Weise wie der Kläger die vertragsgemäße Erfüllung der Anwaltspflichten durch einen Vertreter i.S.v. § 5 RVG gegen sich gelten lassen, da die Beiordnung auf eine Anwaltstätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrages abstelle (s. LSG München AGS 2016, 94 = zfs 2015, 642 m. Anm. Hansens = RVGreport 2015, 416 [Hansens]). Insoweit folgt das LAG Halle (Saale) nicht der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (AGS 2019, 436 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2019, 261 [Hansens], das allerdings in einem Kostenfestsetzungsverfahren die Auffassung vertreten habe, der Partei würden keine zusätzlichen Kosten entstehen, wenn ihr Prozessbevollmächtigter für die Wahrnehmung eines Termins einen Terminsvertreter beauftragt.
c) Grundsätze der Vorteilsausgleichung
Nach den weiteren Ausführungen des LAG Halle (Saale) ergibt sich der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auf Zahlung der Terminsvertreterkosten aus § 46 Abs. 1 RVG i.V.m. den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (OLG Brandenburg AGS 2008, 293; OLG Hamm AGS 2014, 194; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., 2021, Nr. 3401 VV Rn 138). Folglich seien die vom Klägervertreter aufgewandten Terminsvertreterkosten bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten aus der Landeskasse zu ersetzen, wie sie bei einem persönlichen Auftreten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten vor dem Gericht entstanden wären. Nur eine solche Auslegung gewährleiste die verfassungsrechtlich gem. Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotene weitgehende Gleichstellung Unbemittelter mit Bemittelten. Eine entsprechende Vergleichsberechnung ist nach den weiteren Ausführungen des LAG dem PKH-Recht auch nicht frem...