Bei dem hier in Rede stehenden Haftaufhebungsverfahren handelt es sich nach Auffassung des BGH im Verhältnis zum Haftanordnungsverfahren um ein eigenständiges Verfahren mit unterschiedlichen Voraussetzungen, das mit Blick auf die von Art. 104 GG hervorgehobene Bedeutung des Freiheitsgrundrechts sicherstellen soll, dass eine angeordnete Haft aufgehoben wird, wenn die Haftanordnung fehlerhaft war oder der Betroffene durch die Fortdauer der Haft in seinen Rechten verletzt wird (vgl. BGH InfAuslR 2020, 387; Beschl. v. 23.2.2021 – XIII ZB 52/20). Der Betroffene dürfe unabhängig von der Einlegung und Durchführung einer Beschwerde gegen die Haftanordnung eine Aufhebung der Haft gem. § 426 Abs. 2 S. 1 FamFG beantragen (vgl. BGH InfAuslR 2020, 387 Rn 8 ff.). Solange er sich in Haft befinde, könne er daher sowohl vor als auch nach Eintritt formeller Rechtskraft im Haftanordnungsverfahren die Aufhebung der Haft ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht beantragen. Die Haftanordnung könne damit nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (BGH, Beschl. v. 20.4.2021 – XIII ZB 93/20).
Habe sich der Haftaufhebungsantrag – wie hier – durch die Entlassung des Betroffenen erledigt und begehre der Betroffene gem. § 62 FamFG die Feststellung, durch die Haft ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Haftaufhebungsantrags bei Gericht in seinen Rechten verletzt zu sein, könne über den Gegenstand dieses Antrags – anders als bei der Aufhebung einer noch andauernden Haft – aber nur einmal abschließend entschieden werden (vgl. BGH, Beschl. v. 20.4.2021 – XIII ZB 93/20). Nach Eintritt der Erledigung sperre daher der zuerst rechtshängig gewordene Feststellungsantrag den inhaltsgleichen Antrag im anderen Verfahren. Kommt es in einem dieser Verfahren zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag, bleibe es dabei.
Hier liege eine solche rechtskräftige Entscheidung für den Zeitraum ab Erlass der Beschwerdeentscheidung im Haftanordnungsverfahren aber nicht vor. Die Beschwerdeentscheidung im Haftanordnungsverfahren habe zwar die Rechtswidrigkeit der Haft bis zur Entscheidung festgestellt, habe aber die noch andauernde Haft aufrecht erhalten. Da eine im Haftanordnungsverfahren ergangene Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Haft keine in die Zukunft gerichtete Feststellungswirkung habe (BGH, Beschl. v. 17.1.2023 – XIII ZB 20/21), stehe sie einer Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Haft im Aufhebungsverfahren nicht entgegen, soweit damit – wie hier – Zeiträume im Anschluss an die Entscheidung im Anordnungsverfahren erfasst werden sollen. Anders als die Rechtsbeschwerde meine, habe daher die Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 13.4.2017 im Anordnungsverfahren der auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten vom 22.5.2017 ergangenen Entscheidung des AG im Aufhebungsverfahren nicht entgegengestanden. Daran ändere auch die formelle Rechtskraft der Entscheidung vom 13.4.2017 nichts.
Die Eigenständigkeit von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren habe sich auch in den Sonderregelungen der Gebührentatbestände gem. Teil 6 Abschnitt 3 VV niedergeschlagen. Danach richte sich die Verfahrensgebühr für das Haftanordnungsverfahren nach Nr. 6300 VV, während Nr. 6302 VV die Verfahrensgebühr für das Aufhebungsverfahren regele (BeckOK RVG/v. Seltmann, Einl. VV 6300; Toussaint/Schmitt, Kostenrecht, 53. Aufl., 2023, VV 6300 Rn 17; Toussaint/Toussaint, a.a.O., § 15 RVG Rn 32 "Freiheitsentziehungsverfahren").
Die Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten im Haftaufhebungsverfahren sei auch nicht durch die Gebühren abgegolten, die das AG für das gegen die behördliche Ingewahrsamnahme gerichtete Verfahren festgesetzt habe. Das folge schon daraus, dass sich dieses Verfahren gegen eine von der gerichtlichen Haftanordnung verschiedene Maßnahme der Freiheitsentziehung (BVerfG, Beschl. v. 16.4.2021 – 2 BvR 2470/17, InfAuslR 2021, 289) richte, die einen selbstständigen Verfahrensgegenstand bilde (BGH, Beschl. v. 12.7.2013 – V ZB 224/12). Dieses Verfahren stellt daher ebenfalls eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG dar.