Das OLG Brandenburg hat auch nicht die Auffassung der Beklagten geteilt, ihr sei in Liechtenstein für die empfangene ausländische Anwaltsdienstleistung die der deutschen Umsatzsteuer vergleichbare "Bezugssteuer" i.H.v. 7,7 % des Vergütungsbetrages zu erstatten. Dem hat das OLG Brandenburg entgegengehalten, nach Nr. 7008 VV sei "erstattungsfähig" die "Umsatzsteuer auf die Vergütung". Diese Regelung sei allerdings insofern nicht eindeutig, als sie nicht ausdrücklich von "deutscher" Umsatzsteuer spreche. Es könne auch nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass in deutschen Gesetzen nur auf deutsche Gesetze verwiesen werde.
1. Umsatzsteuer eines EU-Mitgliedsstaates
Insbesondere das Sekundärrecht der Europäischen Union könne in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht sein. Das OLG Brandenburg hat darauf verwiesen, dass gerade die Umsatzsteuer eine innerhalb der Europäischen Union jedenfalls teilweise harmonisierte Steuer darstellt. Dies ergebe sich aus der Richtlinie 77/388/EWG des Rates v. 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer. Dies könne – so fährt das OLG Brandenburg fort – Grundlage dafür sein, dass die nationale "Kostenerstattungsregelung" in Nr. 7008 VV europarechtskonform auszulegen sei mit der Folge, dass Staatsangehörige oder Gesellschaften aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht nicht diskriminiert werden dürfen. Dies könne dazu führen, dass nicht nur in Deutschland erhobene, sondern auch die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union von den Prozessparteien geschuldete Umsatzsteuer erstattungsfähig sei (s. OLG München JurBüro 2004, 380 für 20 % Umsatzsteuer nach Österreichischem Recht für einen deutschen Einvernehmensanwalt; FG Köln, Beschl. v. 1.12.2014 – 10 Ko 1901/14 für die in anderen EU-Staaten (dort: Dänemark) geschuldete Umsatzsteuer).
2. Umsatzsteuer eines Nicht-EU-Mitgliedsstaates
Ein solcher Fall hat hier nach den weiteren Ausführungen des OLG Brandenburg jedoch nicht vorgelegen, da die Beklagte ihren unternehmerischen Sitz in Liechtenstein, mithin außerhalb der Europäischen Union, hat. Unternehmen aus Nicht-Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterfallen jedoch nach Auffassung des OLG Brandenburg von vornherein nicht dem europarechtlichen Regelungs-Regime und kämen daher jedenfalls nicht in den Genuss einer europarechtskonformen Auslegung von Nr. 7008 VV.