Die Beteiligten streiten um die Höhe der aus der Landeskasse zugunsten der Antragstellerin zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung, insbesondere um die Frage, ob das RVG in der Fassung gültig ab 1.8.2013 oder in der Fassung gültig bis 31.7.2013 maßgeblich ist.

Gegen das teilweise klageabweisende Urteil des SG vom 13.3.2013 legte der Kläger des Ausgangsverfahrens am 3.5.2013 zunächst selbst Berufung zum LSG ein. Mit Schreiben vom 5.7.2013, eingegangen am 9.7.2013, beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beiordnung der Antragstellerin. Diese habe ihm mitgeteilt, dass sie ohne die Zusage der Kostenübernahme keine Vertretung übernehmen könne. Mit Beschl. v. 8.8.2013 bewilligte der zuständige Senat Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung rückwirkend ab 9.7.2013 unter Beiordnung der Antragstellerin.

Nach Beendigung des Berufungsverfahrens durch gerichtlichen Vergleich am 16.12.2015 beantragte die Antragstellerin am 17.12.2015, die Kosten für das Verfahren i.H.v. insgesamt 1.373,62 EUR nach dem RVG i.d.F. gültig ab 1.8.2013 festzusetzen. Die Übernahme des Verfahrens sei mit Eingang des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 16.8.2013 erfolgt.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des LSG setzte folgende Kosten fest:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV   370,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3205 VV   280,00 EUR
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV   370,00 EUR
Reisekosten, Nr. 7003 VV   83,10 EUR
Pauschale Ablichtungen, Nr. 7000 VV   29,20 EUR
Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Zwischensumme 1.152,30 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   218,94 EUR
Gesamt   1.371,24 EUR

Damit entsprach er dem Antrag der Antragstellerin nahezu vollumfänglich. Lediglich nicht belegte Parkgebühren i.H.v. 2,00 EUR nebst des hierauf entfallenden Umsatzsteueranteils setzte er ab.

Hier legte der Antragsgegner Erinnerung ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass vorliegend aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschl. v. 8.8.2013 mit einem Wirkzeitpunkt ab 9.7.2013 gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG noch das RVG in seiner Fassung gültig bis zum 31.7.2013 Anwendung finden müsse. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG komme das alte Gebührenrecht zur Anwendung, wenn der unbedingte Auftrag vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt beigeordnet worden sei. Es sei auf den jeweils früheren der beiden Zeitpunkte abzustellen. Vorliegend sei zwar der Zeitpunkt der Auftragserteilung unklar und das Gericht habe dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst mit Beschl. v. 8.8.2013 entsprochen. Der Beschluss enthalte aber ausdrücklich das Wirkungsdatum 9.7.2013, so dass der Wirkzeitpunkt der Prozesskostenhilfe und der Beiordnung vor dem 1.8.2013 liege. Nach §§ 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 RVG sei der Vergütungsanspruch nach seinem Grund und seiner Höhe vom Umfang der Beiordnung abhängig. Da diese rückwirkend zum 9.7.2013 erfolgt sei, sei das RVG i.d.F. gültig bis 31.7.2013 anzuwenden.

Unter Beibehaltung des durchschnittlichen Gebührenansatzes ergebe sich folgende Kostenaufstellung:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV   310,00 EUR
Terminsgebühr, Nr. 3205 VV   200,00 EUR
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV   190,00 EUR
Reisekosten, Nr. 7003 VV   83,10 EUR
Ablichtungen, Nr. 7002 VV   29,20 EUR
Entgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Zwischensumme 832,30 EUR  
Umsatzsteuer (19 %), Nr. 7008 VV   158,14 EUR
Gesamt   990,44 EUR

Die Antragstellerin trägt vor, dass sie den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe am 16.8.2013 erhalten habe. Vor diesem Zeitpunkt sei sie nicht mit der Sache befasst gewesen. Vielmehr habe der Kläger des Ausgangsverfahrens erstmals am 18.8.2013 die Kanzlei aufgesucht und an diesem Tag auch die Vollmacht unterschrieben. Aus welchem Grund die Prozesskostenhilfe rückwirkend bewilligte worden sei, erschließe sich ihr nicht.

Zugleich hat die Antragstellerin die Berichtigung des Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsbeschlusses vom 8.8.2013 beantragt, die der zuständige Senat mit Beschl. v. 9.2.2017 abgelehnt hat. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung i.S.v. §§ 152 Abs. 1, 142 Abs. 1, 138 SGG lägen nicht vor, da es sich nicht um einen Fehler des Ausdrucks des Willens (z.B. Schreib- oder Rechenfehler) handele. Darüber hinaus sei die Entscheidung auch zutreffend, da bei verzögerter Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Eingang des vollständigen Antrags aus Rechtsschutzgründen eine rückwirkende Bewilligung ab dem Zeitpunkt der Antragstellung vorzunehmen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob ein Mandat bereits erteilt sei. Eine Änderung der Gebührenordnung lasse keine Ausnahme hiervon zu.

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