Über die Erinnerung entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter (§§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. 33 Abs. 8 S. 3 RVG), nachdem der Einzelrichter das Verfahren auf den Senat übertragen hat (§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 2 RVG): Der Sache kommt im Hinblick auf die Frage, welches der maßgebliche Zeitpunkt der Beiordnung i.S.v. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist, grundsätzliche Bedeutung zu.
Der von dem Antragsgegner eingelegte Rechtsbehelf ist als Erinnerung gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG zulässig, aber unbegründet. Die Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des LSG ist nicht zu beanstanden. Der Antragstellerin steht ein Anspruch in der festgesetzten Höhe gegen die Landeskasse zu.
Dabei kann das Gericht über die Festsetzung befinden, ohne zuvor nach § 14 Abs. 2 S. 1 RVG ein Gutachten beim Vorstand der Rechtsanwaltskammer einholen zu müssen. Die Regelung ist nur im Rechtsstreit zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten anwendbar, nicht dagegen im Verhältnis des im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts und der Staatskasse (vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 21.3.2011 – L 15 SF 204/09 B E m.w.N.).
Der der Antragstellerin zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf § 45 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. Nr. 3204 VV (Verfahrensgebühr), Nr. 3205 VV (Terminsgebühr), Nr. 1006 VV (Einigungsgebühr) sowie weiteren Auslagetatbeständen. Unstreitig sind die Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühren in Höhe der jeweiligen Mittelgebühr angefallen. Streitig ist die Höhe der Gebühren lediglich insoweit, als fraglich ist, ob bei ihrer Berechnung das RVG in der ab dem 1.8.2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) v. 23.7.2013 (BGBl I, S. 2586) oder in der bis 31.7.2013 geltenden Fassung Anwendung findet.
Maßgeblich für die Vergütungsberechnung ist vorliegend das RVG und das zugehörige VV in seiner ab dem 1.8.2013 geltenden Fassung, also unter Berücksichtigung der durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23.7.2013 bewirkten Änderungen.
Nach der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt (gerichtlich) bestellt oder beigeordnet worden ist.
Wie sich bereits aus dem Wortlaut von § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ergibt, nach dem der unbedingte Auftrag vor der Gesetzesänderung erteilt "oder" der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt beigeordnet worden sein muss, kommt das bisherige Recht dann zur Anwendung, wenn eine dieser Alternativen vor dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung eingetreten ist. Die Formulierung macht deutlich, dass auf den jeweils früheren der beiden Zeitpunkte abzustellen ist (vgl. Hessisches LSG v. 9.10.2015 – L 2 AS 375/15 B; BayVGH, Beschl. v. 2.9.2015 – 10 C 13.2563; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 60 Rn 56; Hartmann, KostG, 48. Aufl., § 60 RVG Rn 11, Schneider, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., § 60 Rn 10).
Vorliegend ist weder die Beauftragung noch die Beiordnung der Antragstellerin vor der Gesetzesänderung am 1.8.2013 erfolgt.
Die unbedingte anwaltliche Auftragserteilung liegt nach dem glaubhaften Vortrag der Antragstellerin nach dem 31.7.2013. Danach hat sie den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und ihre Beiordnung für das Verfahren L 4 SO 87/13 vom 8.8.2013 am 16.8.2013 erhalten, was mit dem entsprechenden Empfangsbekenntnis übereinstimmt. Weiter gibt sie an, dass der Berufungskläger erstmals am 18.8.2013 in ihrer Kanzlei gewesen sei und die Vollmacht unterschrieben habe. Vorher sei sie mit der Angelegenheit nicht befasst gewesen. In Verbindung mit der Angabe des Berufungsklägers bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe, dass die Antragstellerin eine Vertretung nicht ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe übernehme, ist ein Auftrag für die Angelegenheit durch die Annahme des Angebots des Berufungsklägers durch die Antragstellerin damit erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter ihrer Beiordnung zustande gekommen. Die Antragstellerin hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Bedingung der Annahme des Auftrags gemacht. Auch hat sie keinen gesonderten Auftrag alleine für das Prozesskostenhilfeverfahren übernommen. Vielmehr hat sie es dem Berufungskläger überlassen, das Prozesskostenhilfeverfahren durchzuführen und erst nach erfolgreicher Bewilligung und Beiordnung das Mandat für das Hauptsacheverfahren übernommen. Hierfür spricht auch der tatsächliche Ablauf, wonach die Antragstellerin sich erstmals mit Schreiben vom 16.8.2013, also am Tag der Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 8.8.2013, zum Verfahren L 4 SO 87/13 gemeldet und ihre Vertretung des Berufungsklägers angezeigt hat.
Entgegen der...