Leitsatz
- Im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren entsteht keine Gebühr des Rechtsanwalts für ein "vorbereitendes Verfahren". Die Stellung des Antrags auf Rehabilitierung und die Vorbereitung eines solchen Antrags werden von der Gebühr nach Nr. 4112 VV mit abgegolten.
- Der Rechtsanwalt ist an sein im Rahmen des § 14 RVG ausgeübtes Ermessen gebunden. Die in der Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung "hilfsweise" vorgenommene Abrechnung für den Fall, dass Nr. 4104 VV im Rehabilitierungsverfahren keine Anwendung finde, ist daher nicht zulässig.
- Von den Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, wird gem. § 58 Abs. 1 RVG auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung allein die Nettoberatungsgebühr angerechnet. Die im Rahmen der Beratungshilfe gezahlten Auslagen nach Nr. 7002 VV sowie der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV sind nicht anzurechnen.
KG, Beschl. v. 21.1.2015 – 1 Ws 63/13
1 Sachverhalt
Das LG hatte den Betroffenen im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren rehabilitiert und seine notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt. Der Betroffene hat seinen Erstattungsanspruch an Rechtsanwalt J. abgetreten, der ihn im Rehabilitierungsverfahren nach vorangegangener Beratungshilfe vertreten hatte. Auf den Kostenfestsetzungsantrag des Rechtsanwalts, der sich auf insgesamt 726,02 EUR beläuft, hat die Rechtspflegerin des LG mit dem angefochtenen Beschluss den Erstattungsbetrag auf 457,02 EUR festgesetzt. Das als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Rechtsanwalts, mit dem er sich vor allem dagegen wendet, dass die Rechtspflegerin die von ihm unter Berufung auf Nr. 4104 VV i.V.m. Vorbem. 4 Abs. 1 VV geltend gemachte Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren i.H.v. 140,00 EUR nicht anerkannt hat, ist zulässig, hat aber im Wesentlichen keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Mit Recht hat die Rechtspflegerin die von dem Beschwerdeführer beanspruchte "Gebühr für das vorbereitende Verfahren" abgesetzt. Eine solche entsteht im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren nicht, weil es hier kein "vorbereitendes Verfahren" gibt; die Verfahrensgebühr gem. Nr. 4112 VV deckt den gestellten Antrag und dessen Vorbereitung ab (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 12.10.2011 – 1 Ws Reha 34/11, RVGreport 2012, 152 mit zust. Anm. Burhoff; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 4 VV Rn 8).
Die in der Beschwerde "hilfsweise" vorgenommene Abrechnung für den Fall, dass Nr. 4104 VV im Rehabilitierungsverfahren keine Anwendung finde, ist nicht zulässig. Der Beschwerdeführer hatte im Kostenfestsetzungsantrag mit dem Ansatz der Grund- und der Verfahrensgebühr von seinem Bestimmungsrecht gem. § 14 RVG Gebrauch gemacht. Nach den maßgeblichen Grundsätzen ist er an sein einmal ausgeübtes Ermessen gebunden (vgl. Senat, Beschl. v. 31.7.2009 – 1 Ws 91/09; Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 14 Rn 4). Seine Annahme, darüber hinaus auch die Gebühr für ein vorbereitendes Verfahren geltend machen zu können, ist als rechtlich unbeachtlicher Motivirrtum zu bewerten.
2. Zutreffend beanstandet der Beschwerdeführer allerdings, dass die Rechtspflegerin auf den zu erstattenden Betrag nach § 58 Abs. 1 RVG nicht nur die gezahlte Beratungsgebühr i.H.v. 30,00 EUR (Nr. 2501 VV a.F.), sondern auch die im Rahmen der Beratungshilfe gezahlten Auslagen nach Nr. 7002 VV i.H.v. 6,00 EUR sowie der Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV i.H.v. 6,84 EUR angerechnet hat. Hierfür fehlt eine Rechtsgrundlage. Anzurechnen ist allein die Nettoberatungsgebühr.
3. Es ergibt sich somit folgender Erstattungsanspruch des Beschwerdeführers:
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
165,00 EUR |
Verfahrensgebühr, Nr. 4112 VV |
155,00 EUR |
Dokumentenpauschale (417 Ablichtungen), Nr. 7000 VV |
80,05 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
420,05 EUR |
abzüglich bereits erhaltene Beratungsgebühr |
-30,00 EUR |
Zwischensumme |
390,05 EUR |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
74,11 EUR |
Gesamtsumme |
464,16 EUR |
Abzüglich des bereits festgesetzten und ausgezahlten Betrages von 457,02 EUR beläuft sich der dem Beschwerdeführer zu erstattende Restbetrag somit auf 7,14 EUR.
AGS, S. 387 - 388