Die Entscheidung ist unzutreffend und fehlerhaft begründet.
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass im zugrundeliegenden Fall keine fiktiven Kosten zur Festsetzung angemeldet worden sind, sondern tatsächliche Kosten.
Fiktive Kosten können niemals erstattungsfähig sein. Erstattungsfähig sein können nur tatsächliche Kosten. Soweit tatsächliche Kosten als solche nicht notwendig waren, sind sie aber insoweit zu erstatten, als andere (fiktive) Kosten dadurch vermieden worden sind. Dies mag am Beispiel eines Terminsvertreters erläutert werden.
Die Kosten eines Terminsvertreters sind nur insoweit zu erstatten, als sie die ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen. Wenn die Kosten des Terminsvertreters die ersparten Reisekosten wesentlich überschreiten, führt dies aber nicht dazu, dass nunmehr die Kosten des Terminsvertreters gar nicht zu erstatten wären; vielmehr sind sie dann zu erstatten bis zu 110 % der ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten.
Beispiel
Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG Dortmund. Der Streitwert beträgt 10.000,00 EUR.
Wäre der Anwalt selbst zum Termin nach Dortmund gefahren, hätte sich folgende Abrechnung ergeben:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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725,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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669,60 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
4. |
Reisekosten (Köln-Dortmund-Köln; 2 x 100 km x 0,30 EUR) |
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60,00 EUR |
5. |
Abwesenheitspauschale, Nr. 7005 Nr. 2 VV |
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40,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.515,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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287,85 EUR |
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Gesamt |
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1.802,85 EUR |
Diese Kosten wären erstattungsfähig gewesen, da eine Partei grds. einen Anwalt am eigenen Sitz beauftragen darf und dessen Reisekosten dann erstattungsfähig sind.
Hätte die Partei einen Terminsvertreter vor dem LG Dortmund beauftragt, hätte sich folgende Abrechnung ergeben:
I. Hauptbevollmächtigter |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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725,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
745,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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141,63 EUR |
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Gesamt |
|
887,03 EUR |
II. Terminsvertreter |
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1. |
0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV |
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362,70 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nrn. 3402, 3104 VV |
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|
669,60 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.052,30 EUR |
|
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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199,94 EUR |
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Gesamt |
|
|
1.252,24 EUR |
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Gesamt I. + II. |
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2.139,27 EUR |
Die Mehrkosten des Terminsvertreters i.H.d. 0,65-Verfahrensgebühr zzgl. Postentgeltpauschale (382,70 EUR netto) hätten also die ersparten Reisekosten i.H.v. 100,00 EUR (netto) um mehr als 10 % überschritten.
Das führt aber jetzt nicht dazu, dass die tatsächlichen Kosten des Terminsvertreters gar nicht zu erstatten sind. Sie sind vielmehr zu erstatten in Höhe der ersparten fiktiven Reisekosten des Kölner Hauptbevollmächtigten zzgl. eines Zuschlags von 10%, also i.H.v. 110,00 EUR netto.
Festzusetzen sind also:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
725,40 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
|
669,60 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
|
20,00 EUR |
4. |
Terminsvertreter i.H.v. 110% ersparter Reisekosten |
|
|
110,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.525,00 EUR |
|
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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289,75 EUR |
|
Gesamt |
|
|
1.814,75 EUR |
Nicht anders verhält es sich, wenn der Terminsvertreter nicht im Namen der Partei beauftragt wird, sondern im Namen des Anwalts. Dieses Vorgehen ist zulässig. In diesem Fall schuldet der Anwalt dem Terminsvertreters selbst eine Vergütung, die frei ausgehandelt werden kann.
Beispiel
Anwalt und Mandant haben ihren Sitz in Köln. Es kommt zu einem Rechtsstreit vor dem LG München I. Der Streitwert beträgt 50.000,00 EUR. Der Kölner Rechtsanwalt beauftragt in München einen Terminsvertreter und handelt mit ihm ein Honorar für die Terminsvertretung i.H.v. 400,00 EUR (netto) aus. Nach Abschluss des Termins rechnet der Terminsvertreter mit dem Hauptbevollmächtigten diese 400,00 EUR ab, die der Hauptbevollmächtigte dann auch bezahlt.
Der Hauptbevollmächtigte zahlt also aus der eigenen Tasche an den Terminsvertreter:
1. |
Pauschalhonorar |
400,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
76,00 EUR |
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Gesamt |
476,00 EUR |
Nunmehr rechnet er mit der Partei wie folgt ab:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
|
1.511,90 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
|
1.395,60 EUR |
|
(Wert: 50.000,00 EUR) |
|
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
|
20,00 EUR |
4. |
Auslagen Terminsvertreter |
|
|
400,00 EUR |
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Zwischensumme |
3.327,50 EUR |
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|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
|
632,23 EUR |
|
Gesamt |
|
|
3.959,73 EUR |
Diese Kosten werden nunmehr zur Festsetzung angemeldet. Insoweit handelt es sich um tatsächliche Kosten.
Die Verfahrensgebü...