Bereits aus der gesetzlichen Regelung in § 48 Abs. 3 RVG ergibt sich mittelbar die Möglichkeit, dass der als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnete Rechtsanwalt die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV auch in einem Verfahren wegen Regelung des Umgangs des Kindes mit den Eltern (§ 1684 BGB) verdienen kann.
Dabei reicht es nach der Rspr. des BGH (NJW 2007, 2187) für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 VV geschlossen haben. Die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist nicht erforderlich (OLG Stuttgart/Senat NJW 2007, 3218). Der Einigungsvertrag kann vielmehr auch stillschweigend geschlossen werden und ist nicht formbedürftig, sofern dies materiell-rechtlich nicht besonders vorgeschrieben ist (BGH a.a.O.).
Die Gebühr gem. Nrn. 1000, 1003 VV entsteht für die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Für das Entstehen der Einigungsgebühr wird nicht mehr ein beiderseitiges Nachgeben i.S.d. § 779 BGB gefordert, sondern durch diese Erfolgsgebühr soll jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honoriert und dadurch ein Anreiz geschaffen werden, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits bzw. Verfahrens zu beschreiten. Es kommt deswegen nicht mehr auf einen Vergleich i.S.d. § 779 BGB an, sondern nur noch auf eine Einigung (BGH a.a.O.), so dass ein einseitiges Nachgeben und damit Akzeptieren des Rechtsanliegens der Gegenpartei den Anfall dieser Gebühr nicht ausschließt, solange noch ein Vertrag abgeschlossen wird, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.
Die Abgrenzung einer solchen die Gebühr auslösenden Einigung zur Beschränkung des Vertrags "ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht" ist schwierig und am Einzelfall auszurichten. Keinesfalls kann allein aus dem einseitigen Nachgeben in einem Vertrag auf ein "ausschließliches Anerkenntnis" oder einen "ausschließlichen Verzicht" geschlossen und der Anfall der Einigungsgebühr verneint werden. Denn dies würde der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen und wie bei der früheren Vergleichsgebühr des § 23 BRAGO ein gegenseitiges Nachgeben i.S.d. § 779 BGB zur Voraussetzung des Entstehens der Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV machen. Es muss deshalb jeweils auch bei einem nur einseitigen Nachgeben hinterfragt werden, ob nicht doch ein Einigungsvertrag i.S.d. Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV zur Beseitigung des Streites oder der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis geschlossen wurde.
Die Einigungsgebühr soll den Rechtsfrieden fördern, die mit der Einigung verbundene Mehrbelastung und erhöhte Verantwortung des beteiligten Rechtsanwalts vergüten sowie die Gerichte entlasten (BGH, a.a.O.). Diese Zielsetzung darf nicht durch eine rigorose Bejahung der negativen Tatbestandsmerkmale verhindert werden (Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 17. Aufl. 2006, VV Nr. 1000 Rn 27 und 28).
Zudem bedeutet Anerkenntnis oder Verzicht nicht immer, dass sich die betreffende Partei freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt, sondern es können der Erklärung andere Motive zugrunde liegen, wie etwa die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der geschäftlichen, familiären oder sonstigen privaten Beziehungen, die der Partei wichtiger erscheinen als die Durchsetzung oder Verteidigung ihres streitgegenständlichen Anspruchs. In diesen Fällen der sorgsamen Abwägung der Für und Wider und schließlich Vernachlässigung der eigenen Rechtsposition zugunsten des Rechtsfriedens wird nicht davon ausgegangen werden können, dass sich der Einigungsvertrag "ausschließlich" auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränkt und damit die Einigungsgebühr nicht entsteht (von Eicken, a.a.O., Nr. 1000 Rn 29).
Vorliegend haben beide Elternteile der vom Kind vorgeschlagenen Umgangsregelung im Interesse der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehungen zugestimmt. Die Mutter hat dies nach vorheriger Ablehnung schließlich aufgrund der Mitwirkung ihres Verfahrensbevollmächtigten unter Zurückstellung ihrer ursprünglichen Bedenken bezüglich der familiären Verhältnisse des Vaters und unter Vernachlässigung ihrer eigenen Interessen beim Umgang mit dem Kind zugunsten des von ihrem Sohn geäußerten Wunsches getan. Ob hierin überhaupt ein "Anerkenntnis" i.S.d. Anerkennens einer Schuld (§§ 780, 781 BGB) gesehen werden kann, ist bereits fraglich. Auf jeden Fall liegt in der gegebenen Zustimmung nicht nur ein "bloßes (ausschließliches) Anerkenntnis" des Antrages des Kindes, sondern eine vertragliche Einigung der Beteiligten zur Beilegung des Streits über die Umgangsregelung. Sie haben dadurch mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen ...