Sowohl dem AG Viechtach als auch dem AG Gießen ist Recht zu geben, dass derzeit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid der Verwaltungsbehörde in Bußgeldsachen gesetzlich nicht geregelt ist.

Beiden Gerichten ist auch Recht zu geben, dass dem reinen Wortlaut nach mangels gesonderter gesetzlicher Vorschriften auf die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV zurückgegriffen werden müsste.

Nach überwiegender Auffassung in der Lit.[1] und – soweit ersichtlich – auch überwiegender Auffassung in der sonstigen Gerichtspraxis wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid oder einen Kostenfestsetzungsbeschluss analog Vorbem. 4 Abs. 5 VV i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG wie eine Erinnerung behandelt. Der Sache nach handelt es sich nämlich bei dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung um nichts anderes als um eine Erinnerung, zumal das Festsetzungsorgan zunächst einmal – wie bei einer Erinnerung – prüfen muss, ob es selbst abhilft.

Danach würde lediglich eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV anfallen.

Der Gegenstandswert richtet sich dann nach § 23 Abs. 2 S. 3 u. 1 RVG. Maßgebend ist die begehrte Abänderung, also der Betrag, der aus Sicht des Antragstellers zu Unrecht abgesetzt oder der Landeskasse zuviel festgesetzt worden ist.

Der Gesetzgeber hat die Lücke zwischenzeitlich erkannt und wird mit dem 2. KostRMoG diese Lücke durch Neufassung der Vorbem. 4 Abs. 5 VV schließen:

 

Vorbem. 5 Abs. 4 VV-E

(4) Für folgende Tätigkeiten entstehen Gebühren nach den Vorschriften des Teils 3:

1. für das Verfahren über die Erinnerung oder die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, für das Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz, für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über diese Erinnerung und für Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid und den Ansatz der Gebühren und Auslagen (§ 108 OWiG), dabei steht das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung dem Verfahren über die Erinnerung oder die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gleich …

Unzutreffend ist allerdings die Entscheidung des AG Viechtach insoweit, als es die beiden Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen die verschiedenen Kostenfestsetzungsbescheide als eine Angelegenheit behandelt hat. Zum einen ist § 16 Nr. 10 RVG nach der Logik des AG Viechtach gar nicht anwendbar, da er ja nur für Erinnerungen gilt und nicht auch für Anträge auf gerichtliche Entscheidung. Zum anderen greift die Klammerwirkung des § 16 Nr. 10 RVG nur dann, wenn sich verschiedene Erinnerungen (Anträge auf gerichtliche Entscheidung) gegen dieselbe Kostenfestsetzung (denselben Kostenbescheid) richten.[2] Werden wie hier verschiedene Festsetzungsbescheide angegriffen, liegen auch mehrere Angelegenheiten vor.

Norbert Schneider

[1] AnwK-RVG/N. Schneider, vor Teil 5 Rn 41 ff.; Vorbem. 5 Rn 4.
[2] AnwK-RVG/N. Schneider, § 16 Rn 134 ff.

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