Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Angeklagten und weitere Personen zum AG Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben. Die Hauptverhandlung begann am 25.7.2011. Am 6.12.2011 ordnete das AG dem Angeklagten Rechtsanwalt S. als Pflichtverteidiger bei. Da Rechtsanwalt S. an dem Hauptverhandlungstermin am 26.1.2012 aufgrund einer Terminskollision nicht teilnehmen konnte, beantragte die bei Gericht erschienene Rechtsanwältin ... ihre Beiordnung "für den heutigen Hauptverhandlungstermin". Der Angeklagte wurde von Seiten des Gerichts befragt, ob er mit einer Beiordnung "des Vertreters" für diesen Hauptverhandlungstermin einverstanden sei. Er bejahte dies. Daraufhin wurde ihm Rechtsanwältin ... "für den Termin am 26.1.2012" als Pflichtverteidigerin beigeordnet.
Am 31.1.2012 beantragte Rechtsanwältin ... die Festsetzung von Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 844,19 EUR. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge:
Grundgebühr (Nr. 4100 VV) |
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132,00 EUR |
Verfahrensgebühr (Nr. 4106 VV) |
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112,00 EUR |
Terminsgebühr (Nr. 4108 VV) |
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184,00 EUR |
Terminsgebühr/Zusatzgebühr für mehr als acht Stunden Hauptverhandlung (Nr. 4111 VV) |
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184,00 EUR |
Geschäftsreise, Benutzung des eigenen Kfz (Nr. 7003 VV), 58 km |
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17,40 EUR |
Geschäftsreise, Tage- und Abwesenheitsgeld für mehr als acht Stunden (Nr. 7005 Nr. 3 VV) |
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Post- u. Telekommunikationsentgelt (Nr. 7002 VV) |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
709,40 EUR |
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19 % Umsatzsteuer |
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134,79 EUR |
Gesamt |
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844,19 EUR |
Am 3.5.2012 verfügte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG Sinzig die Auszahlung des Betrages an die Rechtsanwältin. Nach Beanstandung durch den Bezirksrevisor des LG erbat sie die Rücküberweisung eines Differenzbetrages in Höhe von 290,26 EUR. Festsetzungsfähig gewesen seien nämlich nur 553,93 EUR. Sowohl die geltend gemachte Grundgebühr als auch die Verfahrensgebühr seien (unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Saarbrücken v. 29.7.2010 – 1 Ws 82/10) fälschlicherweise angewiesen worden. Nachdem Rechtsanwältin ... zur Rückzahlung keine Veranlassung gesehen hatte, setzte die Urkundsbeamtin die der Rechtsanwältin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen mit Beschl. v. 5.7.2012 auf 553,83 EUR fest. Gegen die Entscheidung legte Rechtsanwältin ... unter dem 9.7.2012 Erinnerung ein, der die Urkundsbeamtin nicht abhalf. Die Abteilungsrichterin verwarf die Erinnerung als unbegründet (AG Sinzig, Beschl. v. 11.7.2012 – 2090 Js 71483/10 jug – 3 Ds – veröffentlicht in juris). Die hiergegen eingelegte Beschwerde führte zu einer Abänderung der Festsetzung auf 710,91 EUR. Im Übrigen hat sie die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen.
Nach Auffassung der Strafkammer habe Rechtsanwältin ... nicht lediglich als bloße Vertreterin von Rechtsanwalt ... agiert. Sie habe vielmehr eine "umfassende, eigenverantwortliche und inhaltlich unbeschränkte Beistandsleistung als Verteidigerin entfaltet, die nach ihrer Bedeutung und dem tatsächlich geleisteten Aufwand einer Terminswahrnehmung durch den ordentlichen Pflichtverteidiger gleichsteht". Neben der Terminsgebühr stehe ihr deshalb auch die geltend gemachte Grundgebühr zu. Die Verfahrensgebühr habe ihre Tätigkeit indes nicht ausgelöst. Denn da die zur Wahrnehmung des Termins am 26.1.2012 erforderliche Vorbereitung mit der ersten Einarbeitung in die Sache zusammengefallen sei, sei sie durch die Grundgebühr mitabgegolten. Die im Übrigen geltend gemachten Gebühren seien nicht zu beanstanden.
Gegen diese Entscheidung des LG hat der Bezirksrevisor weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, die Festsetzung der Urkundsbeamtin zu bestätigen.
Die weitere Beschwerde hatte Erfolg.