Nur bei einer Beiordnung im Wege der VKH in einer Ehesache für den Abschluss einer Einigung i.S.v. Nr. 1000 VV (Einigung bzw. Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände) erstreckt derzeit § 48 Abs. 3 RVG die Beiordnung auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten. Das bedeutet, dass in Ehesachen aus der Staatskasse neben der 1,5-Einigungsgebühr Nr. 1000 VV auch die 0,8-Differenz-Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 2 VV sowie die Differenz-Terminsgebühr nach dem Wert der Mehrvergleichsgegenstände zu erstatten sind, weil die mit der Verfahrens- und Terminsgebühr abgegoltenen Tätigkeiten zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

Aufgrund des Wortlauts wird die in § 48 Abs. 3 RVG geregelte gesetzliche Erstreckung außerhalb von Ehesachen von der wohl h.M. in der Rspr. abgelehnt und insoweit für den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse eine ausdrückliche Beiordnung für erforderlich gehalten (§ 48 Abs. 1 RVG).[9]

Nach der Rspr. des BGH hat ein unbemittelter Verfahrensbeteiligter in einer selbstständigen Familiensache einen Anspruch auf Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten auf sämtliche im Zusammenhang mit einem Mehrvergleich ausgelöste Gebühren – sei es im Wege der Auslegung einer bereits erfolgten Bewilligung, sei es im Wege einer ergänzenden Beschlussfassung. Deshalb muss die Staatskasse sämtliche auf den Mehrvergleich entfallenden Gebühren, ggfs. nach Erweiterung der VKH-Bewilligung, auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 48 Abs. 3 RVG vergüten.[10]

Die geplante Neufassung greift diese Rspr. auf und ordnet in § 48 Abs. 1 S. 2 RVG für alle Verfahrensordnungen an, dass sich im Falle der Erstreckung der Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags i.S.d. Nr. 1000 VV oder wenn die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt ist, der Anspruch gegen die Staatskasse alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen umfasst, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

 

Beispiel 8

Der Rechtsanwalt ist im Prozess wegen einer Klageforderung über 10.000,00 EUR tätig und wird hierfür im Wege der PKH beigeordnet. Im Verhandlungstermin verhandeln die Parteien über diesen Anspruch und erörtern einen weiteren bislang nicht anhängigen Anspruch über 2.400,00 EUR. Sie schließen sodann insgesamt einen Vergleich. Auf Antrag des Rechtsanwalts wird die PKH unter seiner Beiordnung auf die Vergleichsprotokollierung erstreckt.

Derzeit betragen die aus der Staatskasse aufgrund der Beiordnung zu erstattenden PKH-Gebühren (Tabelle zu § 49 RVG):

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   399,10 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   368,40 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)    
1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV 307,00 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)  
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 301,50 EUR
(Wert: 2.400,00 EUR)  
gem. § 15 Abs. 3 RVG   481,50 EUR
aber nicht mehr als eine    
1,5-Einigungsgebühr    
aus dem Gesamtwert    
i.H.v. 12.400,00 EUR    
Gesamt   1.249,00 EUR

Nach dem KostRÄG 2021 betragen die aus der Staatskasse aufgrund der Beiordnung zu erstattenden PKH-Gebühren (Tabelle zu § 49 RVG):

 
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 440,70 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)    
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 VV 177,60 EUR
(Wert: 2.400,00 EUR)    
gem. § 15 Abs. 3 RVG   460,20 EUR
aber nicht mehr als eine    
1,3-Verfahrensgebühr    
aus dem Gesamtwert    
i.H.v. 12.400,00 EUR    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   424,80 EUR
(Wert: 12.400,00 EUR)    
1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV 339,00 EUR
(Wert: 10.000,00 EUR)    
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 333,00 EUR
(Wert: 2.400,00 EUR)    
gem. § 15 Abs. 3 RVG   531,00 EUR
aber nicht mehr als eine    
1,5-Einigungsgebühr    
aus dem Gesamtwert    
i.H.v. 12.400,00 EUR    
Gesamt   1.416,00 EUR

Die geplante Erhöhung beläuft sich hier auf ca. 13 %. Auf die lineare Erhöhung entfallen 10 %, auf die Änderung in § 48 Abs. 1 RVG ca. 3 % des Erhöhungsvolumens.

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