Eine wesentliche Überschreitung ist im Regelfall anzunehmen, wenn die angefallenen Mehrkosten des Terminsvertreters die ersparten Kosten eines umfassend tätigen Prozessbevollmächtigten um mehr als 10 % überschreiten.
Insoweit ist i.d.R. der Vergleich der "Mehrkosten" des Terminsvertreters mit den ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten zu ziehen; also Fahrtkosten, Abwesenheitspauschale sowie sonstige Kosten wie Parkgebühren, Übernachtungskosten etc.
Wird die 110 %-Grenze dabei nicht überschritten, dann sind die Gesamtkosten von Hauptbevollmächtigtem und Terminsvertreter in vollem Umfang erstattungsfähig.
Wird die Grenze dagegen überschritten, so sind nur die fiktiven Kosten des Hauptbevollmächtigten zu erstatten. Die Toleranzgrenze greift jetzt nicht etwa dergestalt, dass 110 % der Kosten eines Hauptbevollmächtigten zu erstatten wären.
Beispiel 1
Die in Bonn wohnende Partei beauftragt einen in Bonn niedergelassenen Anwalt als Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung in einem Verfahren vor dem AG Köln (Streitwert 3.000,00 EUR). Für den Termin wird ein Terminsvertreter in Köln bestellt.
Bei einem Streitwert von 3.000,00 EUR ist folgende Vergütung angefallen:
I. Prozessbevollmächtigter
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
245,70 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
265,70 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
50,48 EUR |
|
Gesamt |
|
316,18 EUR |
II. Terminsvertreter
1. |
0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3100 VV |
|
122,85 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nrn. 3402, 3401, 3104 VV |
|
226,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
369,65 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
70,23 EUR |
|
Gesamt |
|
439,88 EUR |
Gesamtvergütung beider Anwälte |
|
|
756,06 EUR |
Wäre der Bonner Anwalt selbst zum Termin gefahren, so wäre folgende Vergütung angefallen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
245,70 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
226,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
4. |
Fahrtkosten, Nr. 7003 VV, 2 x 30 km x 0,30 EUR |
|
|
Beispiel 3
Aus der Ex-ante-Betrachtung bei Annahme eines Termins lagen die zu erwartenden Mehrkosten ca. 30 % über den ersparten Kosten des Hauptbevollmächtigten. Dennoch wird ein Terminsvertreter beauftragt. Es kommt unerwartet zu vier Terminen, sodass jetzt infolge der weiter anzusetzenden Reisekosten des Hauptbevollmächtigten die Gesamtkosten nur noch 5 % über den Kosten des Hauptbevollmächtigten liegen.
Die Kosten des Terminsvertreters sind jetzt erstattungsfähig. Auf die Prognose bei Auftragserteilung kommt es jetzt nicht mehr an.
Die zusätzlich entstehenden Mehrkosten eines Unterbevollmächtigten sind unabhängig von der o.g. 110 %-Grenze als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung immer dann in voller Höhe neben den entstandenen Kosten des Hauptbevollmächtigten erstattungsfähig, wenn der Hauptbevollmächtigte den Verhandlungstermin anstelle des Unterbevollmächtigten nicht hätte wahrnehmen können. Das wiederum kann der Fall sein, wenn das Gericht den Verhandlungstermin trotz Verhinderung des Hauptbevollmächtigten nicht verlegt und die Partei nunmehr gezwungen ist, einen Terminsvertreter zu beauftragen.
Ein solcher Fall kann sich auch ergeben, wenn der Hauptbevollmächtigte wegen anderer Termine verhindert ist und der Termin derart dringlich ist (etwa in einem Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren), dass der Partei eine Verlegung nicht zuzumuten ist.