Bearbeitet von Dr. Steffen Müller-Rabe/Dr. Hans Jochem Mayer/Detlef Burhoff. 26. Aufl., 2023. Verlag C.H. Beck, München. XXIX, 2.510 S., 169,00 EUR
Der seit vielen Jahrzehnten eingeführte Standardkommentar zum anwaltlichen Gebührenrecht ist kürzlich in 26. Aufl. erschienen. Dabei haben die Autoren die aktuellen Gesetzesänderungen und eine Vielzahl neuer Gerichtsentscheidungen und Literaturmeinungen berücksichtigt, sodass sich der Kommentar auf dem neuesten Stand (Juni 2023) befindet.
Der Kommentar lässt für den Praktiker kaum Wünsche offen. Die ausführlichen Erläuterungen von Burhoff zur Berechnung der Anwaltsvergütung in § 10 RVG behandelt wohl jedes in der Praxis vorkommende Problem. So verweist Burhoff unter § 10 Rn 8 RVG auf die aktuelle Entscheidung des BGH (AGS 2023, 255 [Hansens] = zfs 2023, 401 m. Anm. Hansens), in der es darum geht, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt auch nach seinem Ausscheiden aus der Anwaltschaft berechtigt und verpflichtet ist, die Berechnung zu unterzeichnen. Zitiert wird diese in vielen Fachzeitschriften veröffentliche Entscheidung des BGH allerdings nur – wie bei Beck-Erzeugnissen leider häufig festzustellen – mit dem Verweis auf die Beck-eigene Datenbank. Ergänzt werden können die Ausführungen des Autors noch durch die neuere Entscheidung des OLG Düsseldorf (AGS 2022, 545 [Schneider] = zfs 2023, 104 m. Anm. Hansens), nach der die Übersendung der Vergütungsberechnung mit einfacher Signatur über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht und der Zuleitung des entsprechenden Ausdrucks an den Mandanten nicht der in § 10 Abs. 1 S. 1 RVG erforderten Schriftform genügt. Dieses Problem wird sich in der Praxis künftig häufig stellen.
Die Ausführungen von Müller-Rabe zum Vergütungsfestsetzungsverfahren in § 11 RVG lassen kaum eine für den Praktiker auftretende Frage offen. So befasst sich der Autor ab § 11 Rn 98 auf mehreren Seiten ausführlich mit den Einwendungen, wobei die Unterscheidung zwischen gebührenrechtlichen und außergebührenrechtlichen Einwendungen in der Praxis nicht einfach zu treffen ist. Unter § 11 Rn 158 vertritt Müller-Rabe die zutreffende Auffassung, dass der Einwand, der Rechtsanwalt habe an dem zustandegekommenden Vergleichsschluss nicht mitgewirkt, einen gebührenrechtlichen Einwand darstellt, dessen Richtigkeit im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu prüfen ist (BGH RVGreport 2020, 290 [Hansens] = zfs 2020, 407 m. Anm. Hansens, dem vor kurzem folgend OLG Brandenburg AGS 2023, 17 [Hansens]).
Die vor einiger Zeit neu eingeführte Einigungsgebühr für eine Zahlungsvereinbarung nach Nr. 1000 Nr. 2 VV wirft in der Praxis viele Fragen auf. Insbesondere bestehen Abgrenzungsprobleme zur "normalen" Einigungsgebühr. Hier helfen die Ausführungen von Müller-Rabe unter Nr. 1000 VV Rn 259 ff. zum Gebührenanfall und von Mayer zu § 31b RVG zum Gegenstandswert weiter.
Bei seinen Erläuterungen zu den Gebühren für Beratungshilfe unter Nrn. 2500 bis 2508 VV vertritt Mayer unter Rn 38 a.E. seit mehreren Auflagen die Auffassung, die Entscheidung, ob die anwaltliche Vertretung erforderlich sei, obliege dem (Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des) AG im Vergütungsfestsetzungsverfahren. Leider erwähnt der Autor die gegenteilige anwaltsfreundlichere Auffassung des OLG Stuttgart (RVGreport 2017, 265 [Hansens]) und des OLG Köln (RVGreport 2017, 341 [Ders.]), wonach der UdG die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung im Festsetzungsverfahren nicht prüfen darf, nicht.
In letzter Zeit häufen sich die Gerichtsentscheidungen zur Frage, welche Kosten erstattungsfähig sind, wenn der Prozessbevollmächtigte für die Vertretung des Mandanten im eigenen Namen einen Terminsvertreter beauftragt und mit diesem eine Pauschalvergütung vereinbart. Zutreffend weist Müller-Rabe unter Nr. 3401 VV Rn 12 darauf hin, dass die durch die Vertretung seitens des Terminsvertreters angefallene Terminsgebühr gem. § 5 RVG dem Verfahrensbevollmächtigten anfällt. Jedoch bleibt unbeantwortet, ob und unter welchen Voraussetzungen die zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten vereinbarte Pauschalvergütung erstattungsfähig ist. Der BGH hat dies in zwei neueren Entscheidungen verneint (BGH AGS 2023, 321 [Schneider] und AGS 2023, 315 [Schneider] = zfs 2023, 461 m. Anm. Schneider). In der letztgenannten BGH-Entscheidung wird auch ausgeführt, dass die vereinbarte Vergütung nicht als Auslagen des Prozessbevollmächtigten i.S.d. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV i.V.m. §§ 675, 670 BGB gelten. Auch dort könnte ein entsprechender Hinweis angebracht werden.
Geradezu vorbildlich sind die Erläuterungen der die Vergütung in Straf- und Bußgeldsachen betreffenden Vorschriften des Paragraphenteils des RVG und der Teile 4 und 5 VV von Burhoff. Beispielhaft ist hier die bis ins Einzelne gehende Kommentierung der zusätzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 und Nr. 5115 VV, die praktisch keine Frage offenlässt. Dabei verweist der Autor auch auf die vielen zu diesen Gebührenvorschriften ergangenen Gerichtsentscheidu...