Eine Pauschgebühr ist gem. § 51 Abs. 1 S. 1 RVG auf Antrag zu bewilligen, wenn die im Vergütungsverzeichnis für den beigeordneten Rechtsanwalt bestimmten Gebühren für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind.
1. Stellungnahme der Bezirksrevisorin
Das OLG führt dazu unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin aus, dass der Umfang des Verfahrens der Wirtschaftsstrafkammer zunächst keinen außergewöhnlichen Umstand habe. Der diesen Verfahren i.d.R. innewohnende höhere Arbeits- und Planungsaufwand für den Pflichtverteidiger sei vom Gesetzgeber im RVG bereits durch die Festsetzung höherer Gebühren – hier die Nrn. 4118 und 4120 VV – berücksichtigt worden und gebe deshalb für sich genommen noch keinen Anlass für die Festsetzung einer Pauschgebühr.
Allerdings sei nach st. Rspr. des OLG München zu berücksichtigen, dass der erforderlichen Einarbeitung in den Sachstand nur ein Hauptverhandlungstag folgte, mithin nur eine Terminsgebühr Nr. 4121 VV angefallen sei. Es entspreche dem gesetzlichen Gebührenkonzept, dass der Verteidiger regelmäßig seine im Vorverfahren, für das relativ geringe Gebühren anfallen, gewonnenen Kenntnisse im Hauptverfahren nutze. Dieser Synergieeffekt fehle vorliegend. Zudem sei die Gebühr Nr. 4104 VV wegen der späten Bestellung nicht angefallen.
Zur Vermeidung eines unbilligen Sonderopfers erscheine die Gewährung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG erforderlich, zumal der Antragsteller, wie er zutreffend ausführt an der Verständigung und damit Verfahrensverkürzung maßgeblich mitgewirkt habe. Der Verständigung habe eine umfangreiche Vorbereitung zugrunde gelegen, die durch die geringeren Gebühren des Anwalts nicht angemessen entgolten wären. Weiter sei zu berücksichtigen, dass für die Teilnahme an dem Erörterungstermin keine Terminsgebühr anfalle – eine Pauschgebühr könne hierfür gerechtfertigt sein. Mit Blick auf die Grund- und Verfahrensgebühren könne vorliegend von einem Ausnahmefall ausgegangen werden und es könne als Pauschgebühr wie beantragt eine Gebühr über der Wahlverteidigerhöchstgebühr i.H.v. 2.150,00 EUR bewilligt werden.
2. Ergänzungen des OLG
Ergänzend verweist das OLG darauf, dass die Bewilligung einer Pauschvergütung die Ausnahme sei, die bei besonders umfangreichen und schwierigen Verfahren unzumutbare Sonderopfer des beigeordneten Rechtsanwalts vermeiden soll (OLG München, Beschl. v. 2.7.2020 – 1 AR 75/20; so schon BGH, Beschl. v. 1.6.2015 – 4 StR 267/11, AGS 2016, 5). Unzumutbar wäre die Versagung einer Pauschvergütung zunächst insbesondere dann, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt dadurch eine wirtschaftliche Existenzgefährdung erleiden würde (BVerfG, Beschl. v. 1.6.2011 – 1 BvR 3171/10, RVGreport 2011, 378), wofür vorliegend allerdings keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Erforderlich seien daher Umstände, die sich vom Regelfall wegen des besonderen Umfangs oder ihrer besonderen Schwierigkeit deutlich unterscheiden, und deshalb die bloße Festsetzung der vom Vergütungsverzeichnis bestimmten Gebühren nicht zumutbar wäre. Der Senat hat hier unter Hinweis auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin einen solchen Ausnahmefall als gegeben angesehen.
Zur Höhe der Pauschgebühr verweist das OLG darauf, dass nach der st. Rspr. des OLG die Pauschgebühr im Regelfall maximal mit dem Betrag der Wahlverteidigerhöchstgebühr anzusetzen sei. Vorliegend erkenne man aber insoweit einen außergewöhnlich besonderen Ausnahmefall, der ein Überschreiten der Wahlverteidigerhöchstgebühren ausnahmsweise zulasse. Die Pauschgebühr errechne sich somit aus einem Pauschvergütungsbetrag i.H.v. 2.150,00 EUR mit Blick auf die Gebührentatbestände Nrn. 4100, 4118 VV, sowie aus den Gebühren für die Hauptverhandlung nach Nrn. 4120, 4122 VV. Hieraus ergebe sich die fest gesetzte Pauschgebühr von 2.849,00 EUR.