Zutreffend haben der Richter des AG und das LG, das sich der Ansicht insbesondere des OLG München (Beschl. v. 22.4.1996 – 11 W 2985/95) und des OLG Köln (Beschl. v. 9.6.2009 – 17 W 108/09 [= AGS 2010, 496]) angeschlossen hat, entschieden, dass der Prozessbevollmächtigte der Erstbeklagten nicht nur die Erstattung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV verlangen kann. Die weitere Beschwerde der Staatskasse, die sich weiterhin auf den Beschluss des BGH v. 1.3.1993 bezieht, ohne auf die Argumentation der Entscheidungen des AG und des LG und auf die Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen, kann nicht zu einer anderen Entscheidung führen.
Der Erstbeklagten wurde ohne jegliche Einschränkung und ohne Ratenzahlung Prozesskostenhilfe für ihre Rechtsverteidigung gewährt (im Gegensatz zur genannten Entscheidung des BGH, in der die Prozesskostenhilfe auf die Erhöhungsgebühr beschränkt war). Dies hat gem. § 45 Abs. 1 RVG zur Folge, dass der Prozessbevollmächtigte der Erstbeklagten die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten erhält. Die gesetzliche Vergütung in Gerichtsverfahren beschränkt sich jedoch nicht auf eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV. Die Vorschriften schränken den Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts auch bei Beauftragung durch mehrere nur insoweit ein, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in jeder Instanz nur einmal verlangen (§§ 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 S. 2 RVG) und dass er nur die nach § 49 RVG reduzierten Wertgebühren geltend machen kann.
Zu Recht hat das LG auch ausgeführt, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO eine andere Entscheidung nicht fordert. Zweck der Prozesskostenhilfe ist es, dass die Partei, der ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, nicht mit Gerichtskosten und Kosten des eigenen Anwalts belastet wird (§ 122 Abs. 1 ZPO). Dies kann aber entgegen den Ausführungen der weiteren Beschwerde nur bedeuten, dass ein Streitgenosse, dem Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, sich nicht einem Anspruch des vermögenden Streitgenossen, dem keine Prozesskostenhilfe gewährt werden konnte, ausgesetzt sehen darf, der (mittelbar) Vergütungsansprüche des eigenen Rechtsanwalts zum Inhalt hat. Nach der Ansicht der weiteren Beschwerde müsste der Rechtsanwalt der Streitgenossen sich aber im Wesentlichen für seine Vergütungsansprüche an den vermögenden Streitgenossen halten, was zur Folge hätte, dass dieser einen Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB gegen den armen Streitgenossen hat. Der arme Streitgenosse würde in diesem Falle sogar schlechter gestellt werden als in dem Fall, dass allen Streitgenossen Prozesskostenhilfe gewährt worden ist.
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass nicht Zweck der Prozesskostenhilfe ist, den begüterten Streitgenossen zu entlasten. Dadurch, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nicht nur in Höhe der Erhöhungsgebühr geltend machen kann, wird der begüterte Streitgenossen nicht entlastet. Denn die Staatskasse hat gegen diesen einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 426 Abs. 1 BGB (OLG München a.a.O.; OLG Köln a.a.O.; OLG München, Beschl. v. 30.11.2010 – 11 W 835/09 [= AGS 2011, 76]) bzw. kann den Ausgleichsanspruch des armen gegen den begüterten Streitgenossen erwerben (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 59 Rn 33). Die Beschränkung des Vergütungsanspruchs auf eine Erhöhungsgebühr hätte zum Ergebnis, dass das Risiko des Ausgleichsanspruchs auf den Streitgenossen abgewälzt würde. Diese Abwälzung ist den gesetzlichen Regelungen aber nicht zu entnehmen.
Die Argumentation, dass der vermögende Streitgenosse dadurch, dass der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die Staatskasse nur eine Erhöhungsgebühr geltend machen könne, nicht stärker belastet werde als in dem Fall, dass er allein klagt, kann ebenfalls den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nicht einschränken. Denn dies ist ein hypothetischer, nicht zu beurteilender Fall. Genauso könnte zudem argumentiert werden, dass in diesem Fall der beigeordnete Anwalt, da er allein vom armen Mandanten beauftragt worden ist, seine Vergütung in vollständigem Umfang gegen die Staatskasse geltend machen könnte.
Wenn man der wohl gefestigten Rspr. des BGH zu den Kostenerstattungsansprüchen von Streitgenossen gegen ihren Gegner folgt, könnten zudem Widersprüche und unerträgliche Ergebnisse auftreten. Denn bei einem vollständigen Obsiegen der Streitgenossen mit einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten können diese vom Gegner grundsätzlich nur Erstattung der tatsächlich angefallenen, ihrer wertmäßigen Beteiligung entsprechenden Kosten des gemeinsamen Rechtsanwalts verlangen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – I ZB 13/03; BGH, Beschl. v. 5.7.2005 – VIII ZB 114/04). Erhielte der Rechtsanwalt, weil einem der gemeinsamen Auftraggeber Prozesskostenhilfe gewährt wurde, von der Staatskasse nur die Erhöhungsgebühr und die übrigen Kosten von den begüterten Streitgenossen, hätten diese gegen den Gegner nur anteilige Kostenerstattungsanspr...