Die nach § 56 Abs. 2 S. 1, § 33 Abs. 3 S. 2, 3, Abs. 7 RVG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen die Landeskasse gem. § 45 RVG einen Vergütungsanspruch von jedenfalls 1.152,75 EUR, so dass unter Änderung des angefochtenen Beschlusses und des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses eine weitere Vergütung von 82,11 EUR festzusetzen war.

1. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV), eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) sowie eine 1,0-Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV) zu, die sich nach einem Wert von 3.246,19 EUR berechnen. Dabei sind die bezifferten Klageanträge zu 2), 3), 5) und 7) bis 10) in Höhe des jeweils geltend gemachten Betrags zu bewerten, was einen Wert von insgesamt 1.908,59 EUR ergibt. Den Klagen auf Entfernung der Abmahnung und auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses kommt ein Wert von jeweils 668,80 EUR – einer Bruttomonatsvergütung des Klägers – zu, was einen weiteren Wertansatz von 1.337,60 EUR ergibt.

2. Der Prozessbevollmächtigten kann ferner eine 1,5-Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV) nach einem Wert von 2.006,40 EUR – dem Vierteljahresverdienst des Klägers – verlangen.

a) Das ArbG hat einen Vergleichsmehrwert nicht festgesetzt; die zu Protokoll gegebene Wertabsichtserklärung, wonach lediglich ein Vergleichsmehrwert von 850,15 EUR entstanden sein soll, entfaltet keine rechtliche Bindung für das Vergütungsfestsetzungsverfahren.

b) Die Voraussetzungen für einen Vergleichsmehrwert liegen hinsichtlich der in Nr. 1 des gerichtlich protokollierten Vergleichs getroffenen Aufhebungsvereinbarung vor, während die weiteren Vergleichsregelungen nicht zu einem Vergleichsmehrwert führen.

aa) Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 VV). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Wird durch den Vergleich eine bereits bestehende Ungewissheit über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solches beigelegt, so führt auch dies zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts. Demgegenüber ist die bloße Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich für den Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber – und nicht worauf – die Parteien sich geeinigt haben. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass durch den Vergleich ein Streit vermieden wurde (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 4.4.2013 – 17 Ta (Kost) 6035/13). Ein Titulierungsinteresse kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der geregelte Anspruch zwar unstreitig und gewiss, seine Durchsetzung aber ungewiss war. Dies entspricht den Empfehlungen der Streitwertkommission für die Arbeitsgerichtsbarkeit v. 9.7.2014 (NZA 2014, 745) u. v. 5.4.2016, an denen sich die Beschwerdekammer im Interesse einer einheitlichen Wertfestsetzung orientiert.

bb) Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts ist danach nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die Parteien während ihrer Vergleichsverhandlungen über die gerichtlich anhängigen Gegenstände weitere Ansprüche ansprechen und auch sie eine Regelung in dem Vergleich erfahren. Zwar wird eine Einigung der Parteien häufig nur zu erreichen sein, wenn derartige Vereinbarungen getroffen werden; denn die Parteien sind nicht selten nur dann zum Abschluss eines Vergleichs bereit, wenn weitere Fragen geregelt werden und ein diesbezüglicher zukünftiger Streit vermieden wird. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts, die zum Abschluss eines Vergleichs führt, ist jedoch mit der Einigungsgebühr als solcher abgegolten. Für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und der damit in der Regel verbundenen Gebührenerhöhung – es entstehen eine 0,8 Verfahrensgebühr (Nr. 3101 VV) und eine 1,5 Einigungsgebühr nach diesem Wert (Nr. 1000 VV) sowie eine Terminsgebühr nach der Summe der rechtshängigen und nichtrechtshängigen Gegenstände (Nr. 3104 VV) – muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden.

cc) Einigen sich die Parteien im Rahmen eines Abmahnungsrechtsstreits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, kann dies zu einem Vergleichsmehrwert in Höhe des Wertes einer Bestandsstreitigkeit (§ 42 Abs. 2 S. 1 GKG) führen, wenn durch die Aufhebungsvereinbarung ein Streit oder eine Ungewissheit ...

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