Überwiegend, aber nicht ganz richtig ist die Entscheidung des OLG. Die strafgerichtliche Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche löst Wertgebühren aus. Nach Nr. 3700 GKG-KostVerz. entsteht eine Gebühr für jeden Rechtszug nach dem Wert des zuerkannten ruchs. Die Wertfestsetzung hat insoweit von Amts wegen zu erfolgen (§ 63 Abs. 1 GKG).
Macht beispielsweise der Nebenkläger Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR geltend und verurteilt das Strafgericht den Angeklagten, 3.000,00 EUR Schmerzensgeld zu zahlen, dann gilt der nach Anm. zu Nr. 3700 GKG-KostVerz. festgesetzte Wert auch für die Anwaltsgebühren (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG). An diese Wertfestsetzung ist der Anwalt auch gebunden (§ 32 Abs. 1 RVG). Ein Rückgriff auf § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO kommt nicht in Betracht. Abzurechnen ist in diesem Fall wie folgt:
1. |
Grundgebühr, Nr. 4100 VV |
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200,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV |
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165,00 EUR |
3. |
Terminsgebühr, Nr. 4108 VV |
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275,00 EUR |
4. |
2,0-Verfahrensgebühr, Nr. 4143 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
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402,00 EUR |
5. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.062,00 EUR |
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6. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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201,78 EUR |
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Gesamt |
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1.263,78 EUR |
Insoweit der geltend gemachte Anspruch des Nebenklägers über den zuerkannten Anspruchs des Gerichts hinausgeht, gilt Folgendes: Der Anwalt ist an die gerichtliche Wertfestsetzung in Höhe des zuerkannten Anspruchs gebunden (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG). Hinsichtlich desjenigen Teils, der geltend gemacht wurde und über den zuerkannten Anspruch hinausgeht, ist eine Wertfestsetzung von Amts nicht zulässig. Dem Anwalt steht insoweit ein eigenes Wertfestsetzungsrecht hinsichtlich des "überschießenden" Betrags zu, dessen Wertfestsetzung er gemäß § 33 Abs. 1 RVG beanspruchen kann. In diesem Fall richtet sich die Wertfestsetzung hinsichtlich des Teils, den das Gericht nicht festsetzen durfte, für den Anwalt nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 48 GKG, § 3 ZPO, sodass der Wert insoweit auf Antrag (§ 33 Abs.1 RVG) festzusetzen ist.
Erkennt das Gericht keinen vermögensrechtlichen Anspruch des Nebenklägers, so unterbleibt eine Wertfestsetzung von Amts wegen, weil keine Gebühren nach dem GKG-KostVerz. ausgelöst werden. Allein in diesem Fall richtet sich die anwaltliche Wertfestsetzung umfassend nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 48 GKG, § 3 ZPO und ist auf Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG vom Gericht festzusetzen.
Kommt es nach Abschluss des Adhäsionsverfahrens wegen desselben Gegenstands zu einem Rechtsstreit vor dem Zivilgericht ist die Gebühr aus Nr. 4143 VV unter den Voraussetzungen der Anm. Abs. 2 zu Nr. 4143 VV zu 1/3 anzurechnen.
Abzurechnen ist dann wie folgt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
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261,30 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
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241,20 EUR |
3. |
anzurechnen gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 4143 VV (1/3 x 402,00 EUR) |
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– 134,00 EUR |
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
388,50 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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73,82 EUR |
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Gesamt |
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462,32 EUR |
Ist der Wert des nachfolgenden Rechtsstreits geringer, so ist nur aus dem Wert anzurechnen, der in den Rechtsstreit übergegangen ist.
Lotte Thiel
AGS 2/2015, S. 72 - 73