Einführung
Immer wieder stehen Rechtsanwälte vor dem Spagat zwischen der Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Mandanten und Auskunftsansprüchen Dritter. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit den entsprechenden Voraussetzungen und soll die Fragen beantworten, die sich hierbei stellen.
I. Der Auskunftsanspruch des Mandanten
Mit der Mandatsannahme wird ein Dienstvertrag geschlossen. Für diesen finden die Vorschriften der §§ 666, 667 BGB Anwendung. Danach ist zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet, wer von einem anderen zur entgeltlichen Besorgung von Geschäften beauftragt wird.
Der anwaltlichen Berufsordnung ist in § 11 zu entnehmen:
(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten und den Mandanten über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Dem Mandanten ist insbesondere von allen wesentlichen erhaltenen oder versandten Schriftstücken Kenntnis zu geben.
(2) Anfragen des Mandanten sind unverzüglich zu beantworten.
Der Rechtsanwalt hat den Mandanten also über den Ablauf des Mandates zu unterrichten und insbesondere auch auf Nachfrage, Auskunft über den aktuellen Stand zu geben.
II. Die Verschwiegenheitspflicht
Die weiteren Pflichten eines Anwaltes sind in einer Vielzahl von Vorschriften, nicht nur im anwaltlichen Berufsrecht, festgehalten. Hierbei gibt es nicht nur die Auskunfts- und Abrechnungspflicht gegenüber dem Mandanten nach §§ 11, 23 BORA, sondern natürlich auch die Pflicht zur Verschwiegenheit (§ 43a Abs. 2 BRAO, § 2 BORA, § 76 Abs. 1 BRAO, §§ 203, 204 StGB).
Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für den Rechtsanwalt ist die Ermittlung des zutreffenden Umfangs dieser wichtigen Nebenpflicht aus dem Mandatsverhältnis, insbesondere dann, wenn Dritte Pflichten des Mandanten übernehmen.
Denn auch wenn der Grundsatz lautet, dass der Rechtsanwalt gegenüber Dritten nicht zur Auskunft verpflichtet ist, so gibt es doch auch hier Ausnahmen von der Regel.
In der Praxis sieht sich der Rechtsanwalt insbesondere mit Auskunftsansprüchen von Rechtsschutzversicherungen konfrontiert, z.B. mit Anfragen zum Stand von Klageverfahren. Immer wieder treffen diese Anfragen auf Unverständnis, denn Auskunftsansprüche stehen nach dem Gesetz und der anwaltlichen Berufsordnung ausschließlich dem Mandanten zu.
Aus diesem Grund liegt es nahe, einen Auskunftsanspruch Dritter mit dieser Begründung abzulehnen und von einer einschränkungslosen Verschwiegenheitspflicht auszugehen.
Folgt man dieser Auffassung, gelangt man zu dem Ergebnis, dass derjenige, der die Kosten des Rechtsstreits zahlt, keinen Anspruch auf Auskunft z.B. zu Fragen der Kostenerstattung hat. Das Auskunftsrecht stünde dann allein dem zu, der nichts oder wenig getragen hat.
III. Anspruchsübergang und Dreiecksverhältnis
Der Gesetzgeber hat diese Problematik bereits seit längerem erkannt und für den Fall der Versicherungen eine Regelung in § 86 VVG normiert. Hierbei soll vermieden werden, dass der Versicherungsnehmer sich bereichert, weil er gegebenenfalls von mehreren Erstattungen erhält.
Die Ansprüche des Versicherungsnehmers auf die Rechtsschutzversicherung gehen aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 86 Abs. 1 VVG (§ 67 Abs. 1 VVG a.F.) über:
(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. (…)
Insoweit gilt: Ansprüche auf Kostenerstattung, die Auskehr von Fremdgeldern und natürlich Auskunftsansprüche können auf den Versicherer übergehen und sind dann gegenüber diesem zu erfüllen. Die Verschwiegenheitspflicht greift demnach nicht, wenn ein Dritter in die Stellung des Mandanten eintritt.
Das OLG Frankfurt führt hierzu aus: "Diese Paragraphen ordnen gerade einen gesetzlichen Anspruchsübergang i.S.d. §§ 401 ff. BGB an, mit der Konsequenz, dass auf den Versicherer auch die Abrechnungs- und Auskunftsansprüche der Versicherungsnehmer übergehen".
Dass es sich bei der Rechtsschutzversicherung um eine Schadenversicherung i.S.d. VVG handelt, muss hier nicht mehr thematisiert werden, da dies allgemein anerkannt ist.
Aber nicht nur das OLG Frankfurt stellt damit klar, dass die vielfach zitierte Auffassung des AG Frankfurt nicht zutreffend ist. Auch das LG Bonn führt aus, dass der aufgrund des Mandatsverhältnisses entstandene Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch als Hilfsanspruch zu dem Herausgabeanspruch aus den §§ 675, 667 BGB auf den Versicherer übergegangen ist.
Das OLG Schleswig Holstein wird ...