Das Entstehen einer 1,0-Einigungsgebühr gem. Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nrn. 1000, 1003 VV setzt die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrages voraus, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, wobei dieser Vertrag sich nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis der gesamten Forderung durch den Schuldner oder einen Verzicht des Gläubigers auf den gesamten Anspruch beschränken darf (vgl. zu den Voraussetzungen einer Einigungsgebühr: BGH NJW-RR 2007, 359 [= AGS 2007, 57]; BGH NJW 2007, 2187 [= AGS 2007, 366] unter Aufgabe von BGH NJW 2006, 1523 [= AGS 2006, 403]; OLG München AGS 2010, 423; OLG Rostock AGS 2008, 326; je m. w. Nachw.).

Für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr wird entgegen der Auffassung des Beklagten die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht mehr verlangt (BGH NJW 2007, 2187) – wie seither (BGH NJW 2006, 1523).

Auch wenn die anwaltlich vertretenen Parteien an Stelle eines formgerechten gerichtlichen Vergleichs mit den sich aus Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nrn. 1000, 1003 VV ergebenden Kostenfolgen absichtlich eine abweichende Form gewählt haben, die für sich genommen diese kostenrechtlichen Folgen vermeidet – hier Teilanerkenntnis und Teilrücknahme (Anm. Abs. 1 S. 1, 2. Hs. zu Nr. 1000 VV) – hindert dies nicht das Entstehen und die Erstattungsfähigkeit der 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV.

Denn abgesehen davon, dass bereits kein Anerkenntnis und keine Rücknahme bezüglich des gesamten Anspruchs erfolgt ist, sondern gerade nach Erörterung und rechtlicher Hinweise durch das Gericht im Anschluss an eine Sitzungsunterbrechung die wechselseitigen Erklärungen aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien – wie vom Kläger unstreitig vorgetragen – abgegeben wurden, beruhen diese gerade auf dem Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wurde, so dass die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV angefallen und als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung gem. § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig ist. Die Parteien haben ihre jeweiligen Prozesshandlungen dagegen nicht unabhängig von der Erklärung des anderen vorgenommen (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 1000 VV Rn 44 ff., 190; N. Schneider, in: Schneider/Wolf, AnwK, RVG, 5. Aufl. 2010, Nr. 1000 VV Rn 80, 85 ff.; obige Rechtsprechungszitate; je m. w. Nachw.).

Hinzu kommt vorliegend, dass sich die Parteien auch über eine Stundung der titulierten Forderung bis zum 17.12.2010 geeinigt haben, indem der Kläger einen Vollstreckungsverzicht bis zu diesem Zeitpunkt erklärt hat, der vom Beklagten angenommen wurde. Auch dieser Verzichtsvertrag war geeignet, die Einigungsgebühr auszulösen (Müller-Rabe, a.a.O., Rn 232 ff.; OLG Rostock a.a.O.; je m. w. Nachw.), worauf es aber hier nicht entscheidungserheblich ankommt, da bereits die zuvor aufgrund der Vereinbarung der Parteien abgegebenen wechselseitigen Erklärungen den Anfall der Einigungsgebühr bewirkt haben.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?