Ist die Aufforderung ordnungsgemäß ergangen, erlöschen die Vergütungsansprüche des beigeordneten Anwalts gegenüber der Staatskasse (§ 55 Abs. 6 S. 2 RVG).
Es erlöschen dabei sowohl die Ansprüche auf Zahlung der weiteren Vergütung nach § 50 RVG, als auch solche nach § 49 RVG, da die Regelung des § 55 Abs. 6 S. 2 RVG nicht zwischen den einzelnen Ansprüchen differenziert. Ist die Monatsfrist daher fruchtlos verstrichen, kann der beigeordnete Anwalt auch die Regelvergütung nicht mehr geltend machen.
Dem Sinn und Zweck der Vorschrift nach, kann das Erlöschen jedoch nur solche Ansprüche betreffen, die durch den beigeordneten Anwalt noch nicht geltend gemacht waren. Denn § 128 Abs. 2 S. 2 BRAGO, der dem jetzigen § 55 Abs. 6 S. 2 RVG entspricht, sollte sicherstellen, dass nach Beendigung des Verfahrens die gerichtliche Schlusskostenrechnung auf eine sichere Grundlage gestellt werden kann. In der Begründung heißt es dazu: "Da inzwischen die Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte, vor allem durch eine Beitreibung vom kostenpflichtigen Gegner, befriedigt sein können, muß sich der Urkundsbeamte Gewissheit darüber verschaffen können, ab noch mit Anträgen auf Festsetzung von Vergütungen gegen die Bundeskasse oder die Landeskasse zu rechnen ist und welche Zahlungen ein Rechtsanwalt von der Partei oder einem Dritten erhalten hat." Damit sollte gewährleistet werden, dass die Landeskasse keine eingezahlten PKH-Raten zurückerstattet, obwohl diese noch für die Begleichung der weiteren PKH-Vergütung zu verwenden wären.
Die Regelung sollte damit nicht bewirken, dass die bereits aus der Landeskasse gezahlten Ansprüche nach § 49 RVG nachträglich entfallen. Es ist daher kein Grund erkennbar, dass bei fruchtlosem Fristablauf auch die bereits realisierten Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegenüber der Staatskasse nachträglich erlöschen, zumal diese ja rechtzeitig und somit auch stets vor Fristablauf angemeldet waren. Auch die Rspr., die erkannt hat, dass § 128 Abs. 2 BRAGO bzw. § 55 Abs. 6 RVG auch die Vergütung des § 49 RVG zum Erlöschen bringt, hat, soweit bekannt, stets nur solche Fälle behandelt, in denen bei Fristsetzung durch das Gericht weder die PKH/VKH-Vergütung noch die weitere Vergütung geltend gemacht war, so dass auch niemals die Rückzahlung bereits gezahlter Vergütungen angeordnet wurde. Aus diesem Grund sollte § 55 Abs. 6 S. 2 RVG so angewendet werden, dass bei fruchtlosem Fristablauf, sämtliche Vergütungsanspruche, die aus der Beiordnung nach §§ 45 ff. RVG bestehen und noch nicht angemeldet und durch die Staatskasse beglichen sind, nicht mehr geltend gemacht werden können, da sie erloschen sind. Etwas anderes lässt sich aus § 55 Abs. 6 S. 2 RVG nicht entnehmen, da er keinen rückwirkenden Wegfall von Ansprüchen anordnet, sodass er nur die noch nicht geltend gemachte Ansprüche umfasst. Eine Rückzahlungsanordnung für die bereits geltend gemachten Ansprüche und gezahlten PKH-/VKH-Vergütung kommt daher m.E. nicht in Betracht.
Unberührt bleiben aber Ansprüche, die der Anwalt gegenüber seinem Mandanten besitzt, sodass er diese auch nach Erlöschen der Ansprüche gegenüber der Staatskasse von dem erstattungspflichtigen Gegner nach § 126 ZPO geltend machen kann. Ausgeschlossen ist aber eine Geltendmachung gegenüber dem eigenen PKH/PKH-Mandanten. Durch das Erlöschen der Ansprüche nach § 55 Abs. 6 S. 2 RVG wird nämlich die PKH/VKH-Bewilligung nicht aufgehoben, so dass die PKH/VKH-Partei weiterhin durch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegebenenfalls i.V.m. §§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG geschützt wird. Ein Verfahren nach § 11 RVG kann deshalb nicht betrieben werden.