Zutreffend war wohl der Einwand, dass die Kostenentscheidung nicht zugunsten "der Kläger" hätte ergehen dürfen, sondern eine Kostenentscheidung nach Quoten hätte ausgesprochen werden müssen. Ebenso zutreffend sind jedoch die Ausführungen des OLG insoweit, als dieser Einwand im Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich ist. Die Kostenfestsetzungsorgane sind an die rechtskräftige Kostenentscheidung gebunden.Entgegen der Auffassung des OLG Koblenz hätte meines Erachtens die "Haftung im Innenverhältnis" nach § 7 Abs. 2 RVG jedoch beachtet werden müssen. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 RVG regelt nämlich nicht die "Haftung im Innenverhältnis", sondern die Haftung im Außenverhältnis zwischen Anwalt und Partei.
Wenn hier also faktisch eine Festsetzung als Gesamtgläubiger beantragt wurde, dann hätte es der Glaubhaftmachung bedurft, dass die Kläger entgegen § 7 Abs. 2 RVG für die gesamten Gebühren als Gesamtschuldner gegenüber dem Anwalt gehaftet hätten und somit dann auch einen Erstattungsanspruch als Gesamtgläubiger gehabt hätten.
Ob eine solche Vereinbarung der Gesamtschuldnerschaft gegenüber dem Anwalt für das Erstattungsverhältnis überhaupt eine Rolle spielt, erscheint fraglich, da nur die gesetzliche Vergütung zu erstatten ist, nicht die vereinbarte.
Zutreffenderweise hätte also im Kostenfestsetzungsbeschluss ausgesprochen werden müssen, inwieweit jeder einzelne Kläger einen Erstattungsanspruch hat.
Beispiel
Der Kläger zu 1) klagt auf Zahlung eines Betrag in Höhe von 30.000,00 EUR und der Kläger zu 2) auf Zahlung eines weiteren Betrag in Höhe von 50.000,00 EUR.
Insgesamt kann der Anwalt von beiden Klägern folgende Vergütung verlangen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 80.000,00 EUR) |
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1.732,90 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 80.000,00 EUR) |
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1.599,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
4.257,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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808,93 EUR |
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Gesamt |
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5.066,43 EUR |
Vom Kläger zu 1) hätte der Prozessbevollmächtigte der Kläger jedoch lediglich verlangen können:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 30.000,00 EUR) |
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1.121,90 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 30.000,00 EUR) |
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1.035,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.177,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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413,73 EUR |
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Gesamt |
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2.592,23 EUR |
Vom Kläger zu 2) hätte der Prozessbevollmächtigte lediglich verlangen können:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 50.000,00 EUR) |
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1.511,90 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 50.000,00 EUR) |
|
1.395,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.927,50 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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556,23 EUR |
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Gesamt |
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3.483,73 EUR |
Richtigerweise hätten zur Festsetzung also angemeldet werden müssen:
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Für den Kläger zu 1) 2.592,23 EUR |
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Für den Kläger zu 2) 3.483,73 EUR, allerdings mit der Maßgabe, dass insgesamt kein höherer Betrag als 5.066,43 EUR zu erstatten ist. |
Ebenso möglich wäre es aber auch gewesen, wenn jeder der beiden Kläger den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil gezahlt hätte, also
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Kläger zu 1) 2.087,46 EUR |
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Kläger zu 2) 2.978,97 EUR |
und einen entsprechenden Festsetzungsantrag gestellt hätte.
Damit wäre gewährleistet gewesen, dass jeder Kläger einen eigenen Kostenfestsetzungsbeschluss über die tatsächlich von ihm gezahlten Kosten erhalten hätte, so dass jeder Kläger dann auch in der Lage gewesen wäre, die von ihm aufgewandten Kosten vom Beklagten erstattet zu verlangen.
Eine solche Aufteilung kann insbesondere für eine spätere Aufrechnung von Bedeutung sein.
Ein Anwalt, der mehrere Kläger vertritt, sollte bei der Kostenfestsetzung daher vorher überlegen, wie er den Festsetzungsantrag stellt. Die in der Praxis häufig zu beobachtende Antragstellung für alle Kläger birgt nämlich auch Risiken, die in der Praxis nicht genügend beachtet werden.
Beispiel
Hätte der Beklagte gegen den Kläger zu 1) noch eine Gegenforderung in einer die Festsetzung übersteigenden Höhe, so hätte er die gesamte Erstattungsforderung durch Aufrechnung zu Fall bringen können (§ 389 BGB). Der Kläger zu 2) hätte dann gegebenenfalls seinen Anwalt bis zur Höhe der eigenen Haftung nach § 7 Abs. 2 RVG bezahlt, könnte aber keine Kostenerstattung mehr gegen den Beklagten geltend machen. Er bliebe auf einem bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Kläger zu 1) angewiesen, dessen Realisierung wiederum von der Solvenz des Klägers zu 1) abhängig wäre.
Eine solche Gefahr wäre vermieden worden, wenn zugunsten jedes Klägers gesondert festsetzt worden wäre. Dann hätte der Beklagte nämlich nur mit der Gegenforderung gegen den Erstattungsanspruch des Klägers zu 1) aufrechnen können, nicht aber auch gegen den Erstattungsanspruch des Klägers zu 2).
Norbert Schneider
AGS 5/2015, S. 238 - 241