I. Problemfeld
1. Aktenversendungspauschale als Teil der allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts
Das LG Berlin und das AG München vertreten die Auffassung, die Beträge der Aktenversendungspauschale gehörten zu den allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts nach Vorbem. 7 VV bzw. § 25 Abs. 1 BRAGO und sollten von den allgemeinen Gebühren abgegolten und nicht gesondert in voller Höhe zu erstatten sein.
Im Ergebnis besteht nach diesen Auffassungen kein Anspruch auf gesonderte Erstattung der Auslagen für die Aktenversendungspauschale.
2. Auseinandersetzung
a) LG Berlin
Das LG Berlin begründet diese Meinung damit, dass sich der Rechtsanwalt die Akte nicht zuschicken lassen müsse. Er könne die Akte vor Ort einsehen, sie selbst abholen oder abholen lassen. Dann entstünden ihm die Gerichtskosten nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. (§ 107 Abs. 5 OWiG) nicht.
Es sei Sache eines jeden Rechtsanwaltes, seine Kanzleigeschäfte nach seinem Dafürhalten zu organisieren. Hole er die Akte selbst ab oder schickte er hierzu einen Mitarbeiter, würde ihm hierfür auch nichts erstattet. Es sei nach dem LG Berlin deshalb nichts dafür ersichtlich, warum dem Rechtsanwalt, welcher sich die Akte aus "Bequemlichkeit" zuschicken lasse, die hiermit verbundenen Kosten erstattet werden sollten. Die Aktenversendungspauschale schöpfe einen dem Verteidiger gewährten Vorteil ab.
b) AG München
Das AG München argumentiert, indem es darauf verweist, dass die Akteneinsicht selbst ja kostenlos sei. Nur wenn der Rechtsanwalt sich die Akte zur Erleichterung seines Geschäftsbetriebes zusenden lasse, entstünden die betreffenden Kosten und seien daher den allgemeinen Geschäftskosten zuzuordnen und deshalb mit den allgemeinen Gebühren abgegolten.
c) Eigener Standpunkt
Zu den allgemeinen Geschäftskosten i.S.d. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 RVG gehören diejenigen Kosten, welche beim Rechtsanwalt unabhängig von einem bestehenden Einzelmandat zur Unterhaltung der Kanzlei anfallen. Nicht zu den allgemeinen Geschäftskosten zählen die besonderen Geschäftsaufwendungen, welche durch die Bearbeitung konkreter Mandate veranlasst werden.
Die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Geschäftskosten des Rechtsanwalts und den besonderen Aufwendungen zur Erledigung des einzelnen Mandats ist danach vorzunehmen, ob diese für die Bearbeitung aller Mandate anfallen oder nur für die Bearbeitung einzelner Mandate.
Die Zahlung der Aktenversendungspauschale ist zur Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebes unabhängig von der Bearbeitung eines Einzelmandats nicht erforderlich. Vielmehr fällt die betreffende Pauschale nur bei der Bearbeitung des Einzelmandats an und gehört deshalb zu den besonderen Aufwendungen des Rechtsanwalts. Die Aktenversendungspauschale ist daher nicht durch die Gebühren abgegolten und dem Rechtsanwalt als Auslage gesondert zu erstatten.
Schon dem Wortlaut nach handelt es sich demnach nicht um die allgemeinen Geschäftsunkosten.
Die dagegen vom LG Berlin und vom AG München ins Feld geführte Argumentation ist nicht überzeugend.
Ob sich der Rechtsanwalt die Akte aus "Bequemlichkeit" oder aus Notwendigkeit, z.B. wegen der großen Entfernung zwischen Kanzlei- und Gerichtsort, nun zusenden lasse, macht die Aktenversendungspauschale nicht zu allgemeinen Geschäftskosten. Denn sie fällt dann immer noch nur für die Bearbeitung des einzelnen Mandats besonders an und nicht unabhängig davon. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Rechtsanwalt einen generellen Zugang z.B. zu den Gerichtsakten oder denen der Staatsanwaltschaft hätte, so dass er im allgemeinen Kanzleibetrieb ständig hierauf zugreifen könnte, hierfür und nicht bloß für den besonderen Zugriff ein Entgelt anfallen würde. So kann der Rechtsanwalt zwar die Grundgebühren für das Unterhalten eines Telefonanschlusses, welcher ihm einzelne Telefonate im konkreten Einzelfall ermöglicht, nicht besonders in Rechnung stellen, weil es sich dabei um allgemeine Geschäftskosten handelt. Selbstverständlich ist es ihm jedoch nach Nr. 7001 VV erlaubt, die Kosten für die Einzelverbindungen, welche bei der Bearbeitung des konkreten Falles entstanden sind, gegenüber dem Mandanten abzurechnen. So ist bspw. allgemein anerkannt, dass zu den allgemeinen Geschäftskosten die Grundgebühren für juristische Datenbanken gehören, während der Rechtsanwalt die Entgelte für Nachfragen bei juristischen Datenbanken, die nur für das betreffende Mandat erfolgen, seinem Auftraggeber gesondert berechnen kann. Entsprechendes gilt z.B. auch für die Kosten für die Miete eines Kopierers. Während diese wegen der Zugehörigkeit zu den allgemeinen Geschäftskosten nicht gesondert abrechenbar sind, können jedoch die für die Bearbeitung des Einzelmandats besonders entstandenen Kopiekosten nach Nr. 7000 VV gegenüber dem Mandanten in Rechnung gestellt werden. Auch die Kosten für ein Fahrzeug (Haftpflicht, Steuer, Reparaturen etc.) oder solche für eine Bahncard sind als allgemeine Geschäftskosten zwar nicht erstattungsfähig. Die konkreten Fahrtkosten für d...