Leitsatz

Die Ausschlagung der Erbschaft kann nicht deshalb angefochten werden, weil das hiermit erstrebte Ziel wegen der Unwirksamkeit der Erklärung eines Miterben nicht erreicht wird.

 

Sachverhalt

Der Erblasser verstarb ohne letztwillige Verfügung. Er war mit der Beteiligten zu 1) im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Geschwister des Erblassers, die Beteiligten zu 4) bis 7) die Kinder zweier weiterer vorverstorbener Geschwister. Die Beteiligten zu 2) bis 7) schlugen die Erbschaft aus und erklärten, bis auf den Beteiligten zu 2), keine Kinder zu haben. Auch die Söhne des Beteiligten zu 2) erklärten die Ausschlagung der Erbschaft. Hieraufhin wurde der Beteiligten zu 1) ein Alleinerbschein ausgestellt. Dieser wurde jedoch alsbald wieder eingezogen, nachdem die inzwischen für den Beteiligten zu 2) bestellten Betreuer auf dessen Geschäftsunfähigkeit im Zeitpunkt der Ausschlagung hinwiesen.

Hieraufhin erklärten die Beteiligten zu 3) bis 7) die Anfechtung der Ausschlagungserklärung wegen Irrtums, da sie hiermit allein bezweckt hätten, dass die Beteiligte zu 1) Alleinerbin werde. Dieser Zweck könne nun nicht mehr erreicht werden.

Der beantragte Erbschein, der die gesetzliche Erbfolge ausweist, wurde versagt. Hiergegen richtet sich die inzwischen weitere, jedoch unbegründete Beschwerde.

 

Entscheidung

Die Ausschlagungserklärungen waren bis auf die des Beteiligten zu 2) wirksam. Ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum lag nicht vor. Die Geschäftsfähigkeit des Beteiligten zu 2) war nicht Inhalt der Erklärungen, und die irrige Annahme, der eigene Erbanteil fließe der Beteiligten zu 1) zu, stellt allein einen unbeachtlichen Motivirrtum über die Rechtfolgen der Ausschlagungserklälrung dar.

§ 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB berechtigt zur Anfechtung bei Irrtum über den Inhalt der Erklärung, wozu auch zählt, dass der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Erklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern auch solche, die sich davon "wesentlich" unterscheiden. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum. Vorliegend konnte die Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 1) nicht bereits durch die Ausschlagung jedes Einzelnen erreicht werden, sondern nur die unmittelbare Rechtsfolge, nämlich der Verlust des eigenen Erbrechts und der rückwirkende Anfall an den Nächstberufenen (§ 1953 BGB).

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 04.08.2009, 31 Wx 60/09

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