Rz. 8
(BMF-Schr. v. 25.1.2000 – IV B 3 – S 1301 Schz – 1/10.)
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zu der Frage, ob ein Steuerpflichtiger, der seinen Wohnsitz in Frankreich hat, in Deutschland weder über einen Wohnsitz verfügt, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, aber nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird, einen Anspruch auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer nach dem DBA Schweiz hat, wie folgt Stellung genommen:
Nach Art. 4 DBA Schweiz bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist. Anknüpfungsmerkmal für die Frage der Ansässigkeit i.S. des DBA Schweiz ist damit das deutsche Einkommensteuerrecht (hier: § 1 EStG).
Personen, die in Deutschland über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügen, können auf Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen beschränkt steuerpflichtiger inländischer Einkünfte i.S. des § 49 EStG. Die "originäre" unbeschränkte Einkommensteuerpflicht, die an den Tatbestand eines Wohnsitzes anknüpft, verbleibt dabei im ausländischen Wohnsitzstaat.
Dies ist der wesentliche Unterschied zu der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG. Die hier betroffene Personengruppe, die ebenfalls weder in Deutschland wohnt, noch sich hier gewöhnlich aufhält, ist im tatsächlichen ausländischen Wohnsitzstaat aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen fiktiv nichtansässig. Sie wird dort lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EStG) und daher in Deutschland nicht nur als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.
Der deutsche Gesetzgeber hat diese Personengruppe mit unbeschränkt Steuerpflichtigen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 1 Abs. 1 EStG) ausdrücklich gleichgestellt. Diese Personengruppe ist hier unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
Für die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 DBA Schweiz führen diese Differenzierungen dazu, dass Personen, die unter § 1 Abs. 1 oder 2 EStG fallen, unter DBA-rechtlichen Gesichtspunkten in Deutschland ansässig sind. Personen hingegen, die nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, können nicht nach Art. 4 Abs. 1 DBA Schweiz als in Deutschland ansässig angesehen werden. Eine Ansässigkeit besteht im tatsächlichen ausländischen Wohnsitzstaat. Damit besteht kein Anspruch auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer nach dem DBA Schweiz. Um eventuelle Doppelbesteuerungen zu vermeiden, wird angeregt, einen Anspruch auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer nach dem DBA Frankreich-Schweiz zu prüfen.