Leitsatz

Bei der Anwendung der Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG in Nachlasssachen ist danach zu unterscheiden, ob es sich um ein Amts- oder Antragsverfahren handelt. Ersteres wird durch den Todesfall eingeleitet, letzteres durch den Eingang des Antrags beim Nachlassgericht.

 

Sachverhalt

Die Erblasserin setzte den Beschwerdeführer durch notarielles Testament zum Alleinerben ein und widerrief gleichzeitig alle von ihr einseitig getroffenen letztwilligen Verfügungen. Zu Lebzeiten ihres vorverstorbenen Mannes hatte sie mit diesem einen notariellen Erbvertrag geschlossen, der ein Vermächtnis zu Gunsten der Kinder des Mannes enthielt. Lediglich zur Sicherung und Verwaltung des Vermächtnisses wurde Testamentsvollstreckung angeordnet. Der Erbvertrag enthielt weiterhin eine Regelung, dass allein die gegenseitigen Verfügungen vertragsmäßige Bestimmungen sein sollten, die Übrigen nur solche einseitiger Natur.

Nach dem Tod der Erblasserin eröffnete das Nachlassgericht sowohl den Erbvertrag als auch das Testament am 01.07.2009. Das Ersuchen des Beschwerdeführers auf Ernennung eines Testamentsvollstreckers wurde durch das Notariat abgelehnt. Das Nachlassgericht folgte dem Beschwerdeführer nicht in der Ansicht, dass die Testamentsvollstreckung wegen des Sachzusammenhangs mit dem Vermächtnis nicht vom Widerruf erfasst wurde. Das Notariat legte die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidung

Zuständig für das Beschwerdeverfahren ist nicht das OLG gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG n.F., sondern das LG nach §§ 19 Abs. 2, 30 FGG a.F., da hier gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG das alte Recht anwendbar ist.

Zu klären ist vorliegend die Frage, ob das Nachlassgericht gem. § 2200 Abs. 1 BGB einen Testamentsvollstrecker zu ernennen hat, worum die Erblasserin in ihrem ursprünglichen Testament ersuchte. Dies ist eine Verrichtung des Nachlassgerichts von Amts wegen, zu der das Notariat bereits mit der Eröffnung und damit Kenntnisnahme von Erbvertrag und notariellem Testament verpflichtet war.

Dass das Ersuchen des Beschwerdeführers ablehnende formlose Schreiben des Notariats wurde erstmals mit der Vorlageverfügung an das OLG als rechtsmittelfähige Entscheidung gewertet. Da es sich vorliegend um ein Amtsverfahren handelt, ist das Ersuchen als Anregung in dem am 01.07.2009 eingeleiteten Verfahren zu werten, so dass nach Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG das "alte" Recht zur Anwendung kommt. Hiernach aber gilt der Instanzenzug Nachlassgericht - LG - OLG, und die Sache war unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses an das Notariat zurückzugeben.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.11.2009, 8 W 427/09

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge