Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf DM … festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen tariflichen Nachtzuschlag.
Die Beklagte betreibt in … ein Auslieferungslager, von dem aus Filialen in den neuen Bundesländern beliefert werden. Der Kläger ist dort seit mehreren Jahren als Auslieferungsfahrer beschäftigt. Bis zum 31.03.2001 waren die Fahrten so eingeteilt, dass sie eine Woche nachts (zwischen 1.00 und 6.00 Uhr) und eine Woche lang tagsüber begannen. Seit dem 01.04.2001 richtet sich der Arbeitseinsatz nach der Betriebsvereinbarung vom 27.03.2001, auf die Bezug genommen wird (vgl. Bl. 23 d.A.). Soweit der Kläger seine Tour nachts zu beginnen hatte, erfuhr er den genauen Beginn der Arbeitszeit am Ende der Tour des Vortags.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Tarifbindung die tariflichen Regelungen des Einzelhandels in Bayern Anwendung. Die hier einschlägigen Bestimmungen des Manteltarifvertrags (MTV), gültig ab 01.01.2000, lauten:
„§ 7
Ziffer 2
Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr.
Ziffer 3, Satz 1
Nachtarbeit gemäß Ziffer 2 sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist gemäß §§ 6 (Mehrarbeit) und 8 (Zuschlagsregelungen) abzugelten.
§ 8
Ziffer 1
Mehr-, Nacht-, Spätöffnungs-, Sonntags- und Feiertagsregelungen sowie Schichtarbeit ist mit folgenden Zuschlägen zu vergüten:
a) |
Mehrarbeit |
25 % |
b) |
Mehrarbeit ab der 19. Arbeitsstunde im Monat |
40 % |
c) |
Nachtarbeit |
50 % |
d) |
Nachtarbeit, soweit es sich um Mehrarbeit handelt |
60 % |
e) |
Sonntagsarbeit |
100 % |
f) |
Sonntagsarbeit aufgrund der Ausnahmeregelungen gemäß § 14 Ladenschlussgesetz |
150 % |
g) |
Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen |
150 % |
h) |
Wechselschichtarbeit, bei der sich die Schichten turnusgemäß ablösen, soweit es sich um Nachtarbeit handelt, dies gilt nicht bei verkaufsbetonter Wechselschichtarbeit |
15 % |
i) |
Spätöffnungsbedingte Arbeit (i.S.v. § 8 Ziff. 2) |
20 %.” |
Soweit der Kläger zur Nachtarbeit eingeteilt war, erhielt er für die Arbeitsstunden bis 6.00 Uhr den Zuschlag von 15 %.
Mit der Klage vom 21.02.2001 verlangt der Kläger für die Stunden, die er nachts arbeiten musste, einen weiteren Zuschlag von 35 %, bezogen auf den Zeitraum Juni 2000 bis Juni 2001. Er meint, weil der Beginn seiner Arbeitszeit nachts in einem Rahmen von mehreren Stunden geschwankt habe, könne man nicht mehr von Wechselschicht im Sinn der tariflichen Bestimmung reden. Es handle sich vielmehr um reine Nachtarbeit.
Der Kläger stellt den Antrag:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM … brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 26.02.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
kostenpflichtige Klageabweisung
und bringt dazu vor, der Kläger arbeite in Wechselschicht, weil sich seine Einsätze wöchentlich und regelmäßig ablösten. Dass der genaue Beginn des Arbeitseinsatzes in einem bestimmten zeitlichen Rahmen schwanke, ändere nichts daran, dass Schichtarbeit vorliege.
Wegen des Vertrags der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze und Terminsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Kläger leistete in dem streitgegenständlichen Zeitraum Wechselschichtarbeit i.S.d. § 8 Ziffer 1 Buchstabe h MTV. Er hat daher keinen Anspruch auf die Differenz zum Nachtarbeitszuschlag nach § 8 Ziffer 1 Buchstabe c MTV.
Ob der Kläger mit seiner Tour nachts oder tagsüber beginnen musste, änderte sich regelmäßig im wöchentlichen Wechsel. Der Kläger erfuhr hiervon nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten 4 Wochen vorher und konnte sich entsprechend einstellen. Da es sich somit um einen bestimmten, vorhersehbaren Turnus handelte, liegt Wechselschichtarbeit im Sinn der tariflichen Bestimmungen vor. Hieran ändert nichts, dass der jeweilige Arbeitsbeginn in einem zeitlichen Rahmen von mehreren Stunden schwanken konnte. Die exakte Festlegung des Beginns der Arbeitszeit liegt im Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieses ist nach dem Wortlaut des § 8 Ziffer 1 Buchstabe h MTV insoweit nicht eingeschränkt. Die Beklagte konnte daher innerhalb der Nacht- bzw. Tagesschicht den genauen Schichtbeginn den betrieblichen Erfordernissen anpassen. Wenn auch der genaue Arbeitseinsatz dem Kläger erst am Vortag nach Schichtende bekannt gegeben wurde, so ändert dies doch nichts daran, dass die Schicht, die nachts begann, und die Schicht, die tags begann, in einem gleichmäßigen Rhythmus wechselte und dieser Wechsel für ihn vorhersehbar war. Dies ist für den Begriff „Wechselschicht” maßgebend (Zachert/Helm/Steffen, Die Tarifverträge des Einzelhandels in Bayern, München 1999, § 9 RN 4). Hätten die Tarifvertragsparteien eine weitere Einschränkung des Begriffs der Wechselschicht gewollt, so hätten sie es im Tarifvertrag niederlegen müssen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Kosten: §§ 91 I 1 ZPO, 46 II ArbGG.
Streitwert: §§ 3 ZPO, 46 II ArbGG.
Unterschriften
Der Vorsitzende: Dr. Betz Direktor des Arbeitsgerichts Bayr...