Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzklage. Firma Anton Schlecker
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und Fa. Sch. e.K. bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 28.03.2012 nicht zum 30.06.2012 beendet wird.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Filialleiterin/ Verkaufsstellenverwalterin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu beschäftigen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 10.200,00.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung des Beklagten vom 28.03.2012.
Die am 18.07.1963 geborene, ledige Klägerin ist bei der Firma Sch. seit 01.03.1999 als Verkaufsstellenverwalterin/Filialleiterin beschäftigt. Zuletzt erzielte die Klägerin bei einer Arbeitszeit von wöchentlich 37,5 Stunden eine regelmäßige Vergütung von monatlich 2.550,00 EUR.
Der Arbeitsvertrag vom 01.03.1999 (Abl. 5) enthält unter Ziffer 1 die folgende Regelung:
„…Die Firma ist berechtigt, die Arbeitnehmerin in einer anderen Verkaufsstelle einzusetzen.” Als ursprünglichen Einsatzort weist dieser Vertrag die Verkaufsstelle Bietigheim Buch aus. Zuletzt war die Klägerin als Leiterin der Verkaufsstelle in Heilbronn, Berliner Platz (Zentrum K 3) beschäftigt.
Mit Beschlüssen des Amtsgerichts Ulm – Insolvenzgericht – vom 23.01.2012 wurde über das Vermögen des A. Sch. sowie über das Vermögen der Sch. GmbH das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet und der Beklagte jeweils zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Die Eröffnung der Insolvenzverfahren erfolgte mit Beschlüssen vom 28.03.2012. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Die Firma Sch. betreibt bundesweit zahlreiche Drogeriemärkte. Zum Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Insolvenz waren dort ca. 24.200 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Firma Sch. bildet mit der Sch. GmbH, bei der zum Zeitpunkt der vorläufigen Insolvenz 2.624 Arbeitnehmer tätig waren, einen gemeinsamen Betrieb. Die Arbeitgeberfunktionen werden in personellen und sozialen Angelegenheiten institutionell einheitlich wahrgenommen.
Mit Tarifvertrag vom 07.04.1995 wurde das Bundesgebiet in 327 Betriebsratsbezirke aufgeteilt. In 175 dieser Betriebsratsbezirke wurden Betriebsräte gewählt.
Der Bezirk, in dem die Klägerin zuletzt beschäftigt war, wählte keinen Betriebsrat.
Mit Schreiben vom 28.03.2012, das der Klägerin am 30.03.2012 zuging, sprach der Beklagte die streitgegenständliche Kündigung zum 30.06.2012 aus.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Heilbronn am 05.04.2012 eingegangenen Klage macht die Klägerin die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend.
Die Klägerin beantragt:
- Es wird festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der Fa. Sch. e.K. bestehende Anstellungsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 28.03.2012 nicht zum 30.06.2012 beendet wird, sondern unbefristet fortbesteht.
- Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Verkaufsstellen verantwortliche/ Filialleiterin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu beschäftigen und zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Der Beklagte trägt vor, dass bei der Firma Sch. seit 2006 Verluste zu verzeichnen gewesen seien.
Auch in der Folgezeit sei es zu drastischen Umsatzeinbrüchen gekommen, so dass im September 2010 bundesweit bereits 3.093 Filialen der Firma des Gemeinschuldnerin bzw. der Sch. GmbH hätten geschlossen werden müssen.
Das im Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung angeforderte Gutachten der Unternehmensberatung M. habe ergeben, dass insgesamt 2.200 Filialen zusätzlich kurzfristig geschlossen werden müssten.
Nachdem mit Beschlüssen des Amtsgerichts Ulm vom 30.01.2012 die Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen sei, habe dieser die unternehmerische Entscheidung getroffen, 2200 mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmte Filialen zum 23.03.2012 stillzulegen.
Durch diese unternehmerische Entscheidung seien bei der Gemeinschuldnerin Sch. GmbH insgesamt 1.005 und im Filialbereich der Firma Sch. 7.784 Arbeitsplätze entfallen.
Am 28.03.2012 sei es zum Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste zwischen dem Beklagten sowie dem bei der Firma Sch. e.K. und der Sch. GmbH bestehenden Gesamtbetriebsrat gekommen. Diesem sei eine Namensliste beigefügt worden, auf der die Namen der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter aufgeführt worden seien.
Der Name der Klägerin habe sich auf der Namensliste befunden.
Zu der durchgeführten Sozialauswahl trägt der Beklagte wie folgt vor:
Bei der Sozialauswahl seien Vergleichsgruppen gebildet worden, u. a. die der Verkaufsstellenverwalterinnen. Die Sozialauswahl habe sich auf die Filialen der Gemeinschuldnerin Sch. GmbH und der Gemeinschuldnerin Fa. Sch. e.K. erstreckt. Die Sozialauswahl habe sich über den jeweiligen Betriebsratsbezirk, dem die entsprechende zu schließende Filiale angehört habe, erstreckt...