Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhaltnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 23.01.2002 nicht aufgelöst worden ist.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Streitwert wird auf 555,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der am 25.04.1968 geborene, ledige Kläger, der zu 50% anerkannt schwerbehindert ist, ist ab 01.03.1986 in der C Werkstatt des Beklagten in P gegen eine Monatsbruttovergütung von zuletzt 185,-- EUR bei einer Arbeitszeit von arbeitstäglich 8.00 Uhr bis 15.45 Uhr beschäftigt. Dem Beschäftigungsverhältnis der Parteien liegt der Werkstattvertrag vom 31.10.1997 zu Grunde. Mit Schreiben vom 23.01.2002 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses.
Der Kläger hält die Kündigung für rechtsunwirksam und trägt vor:
Die Kündigung sei bereits deshalb rechtsunwirksam, weil die Zustimmung des Integrationsamtes fehle. Im Übrigen bestehe kein Grund zur außerordentlichen Kündigung. Das Vorbringen des Beklagten zum Kündigungsgrund sei unzutreffend.
Der Kläger beantragt festzustellen,
dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.01.2002 nicht aufgelöst ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor:
Die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes sei vorliegend aus Rechtsgründen nicht erforderlich, da die Beschäftigung des Klägers beim Beklagten nicht in erster Linie dem Erwerb diene, sondern vorwiegend zur Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung erfolge.
Die fristlose Kündigung sei berechtigt, da der Kläger am 10.01.2002 gegenüber einer anderen Beschäftigten des Beklagten sexuell übergriffig geworden sei.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die fristlose Kündigung des Beklagten vom 23.01.2002 ist nach § 85 SGB IX rechtsunwirksam, weil vor dieser Kündigung des Arbeitsverhältnisses des schwerbehinderten Klägers die erforderliche Zustimmung des Integrationsalutes nicht eingeholt worden ist.
Entgegen der Meinung des Beklagten bedurfte die Kündigung hier nach § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Dennn das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 85 SGB IX zu werten.
Bezüglich des Werkstattvertrages der Parteien kam es entscheidend für die Frage der Notwendigkeit der Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes darauf an, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vorliegt. Nach § 138 Abs. 1 SGB IX ist für die Rechtstellung behinderter Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten die Möglichkeit des Arbeitsverhältnisses neben der Möglichkeit des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses gegeben.
Der Umstand, dass der am 25.04.1968 geborene Kläger zum Zeitpunkt der angefochtenen Kündigung bereits 33 Jahr alt war und schon über 15 Jahre in der Werkstatt der Beklagten beschäftigt wurde (ab 01.03.1986) spricht wegen des langen Zeitablaufes dagegen, dass die Beschäftigung des Klägers in der Werkstatt des Beklagten vorwiegend zur Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs erfolgte. Im Hinblick auf diesen langen Zeitablauf erscheint die Vermittlung des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch Wiedereingewöhnung und Erziehung in der Werkstatt im Sinne des Absatzes 3 des Vorspannes im Werkstattvertrag der Parteien zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht mehr als vordringlichstes Ziel. Vielmehr ist davon auszugehen, dass zumindest zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs die Beschäftigung des Klägers in der Behindertenwerkstatt erfolgte, um dem Kläger einen Arbeitsplatz zur Ausübung einer angemessenen Tätigkeit anzubieten, wie es im letzten Satz des 3. Absatzes im Vorspann im Werkstattvertrag der Parteien bestimmt ist.
Für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches sprechen weiterhin folgende Umstände:
Der Kläger ist unstreitig in der Werkstatt der Beklagten im Siebdruck beschäftigt mit einer Arbeitszeit von 8.00 Uhr morgens bis nachmittags 15.45 Uhr; der Kläger hat in der Werkstatt einen Vorgesetzten, der ihm die Weisungen hinsichtlich der Arbeit erteilt; der Kläger bezieht einen Monatsverdienst von 185,– EUR brutto. Diese Umstände sprechen für eine weisungsabhängige Arbeitnehmertätigkeit.
Der Werkstattvertrag der Parteien sieht weitere Regelungen vor, die für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sprechen. So ist im § 3 Ziffer 2 des Werkstattvertrages eine wöchentliche Arbeitszeit von 34 Stunden bestimmt und ist der Kläger nach § 3 Nr. 3 des Werkstattvertrages im Falle einer Erkrankung verpflichtet, ab dem 3. Fehltag eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Der Werkstattvertrag regelt in § 2 Nr. 3 einen Urlaubsanspruch entsprechend den Arbeitsvertragslinien des D. verbandes und in § 2 Nr. 4 die En...