Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 5.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2018 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte zu 75 %, der Kläger zu 25 % zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 6.832,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die vom Kläger beanspruchte Entschädigung wegen einer Benachteiligung als Bewerber.

Der Kläger hat die erste juristische Staatsprüfung abgelegt und dadurch den Berufsabschluss „Diplomjurist” erworben. Er hat einen Grad der Behinderung von 50. Zuletzt hat er als selbstständiger Dozent für Recht und Mathematik gearbeitet.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit als oberste Landesbehörde des beklagten Landes schrieb eine Stelle als rechtswissenschaftliche Fachkraft mit der Stellenausschreibungsnummer 2/2018 aus (Blatt 4 ff. der Akten), in welcher die Anforderungen angegebenen waren mit „Bewerben können sich Personen mit universitärem Hochschulabschluss auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften (Volljurist(in), Diplomjurist(in), Referendar(in)) gerne auch mit Bezügen zur Informatik oder zur Kommunikations- oder Sozialwissenschaft. Überdurchschnittliche Leistungen, Examensergebnisse und Beurteilungen/Arbeitszeugnisse sind wünschenswert”. Am 23.05.2018 bewarb sich der Kläger online auf diese Position unter Hinweis auf den Schwerbehindertenstatus. Am 30.07.2018 erhielt er seitens des stellvertretenden Landesbeauftragten E. eine Absage per E-Mail (Blatt 14 der Akten).

Am 19.08.2018 forderte der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zahlung einer Entschädigung wegen rechtswidriger Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderung und erhob mit der am 12.11.2018 eingegangenen Klage eine Entschädigungsklage.

Der Kläger beruft sich auf den Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 165 S. 3 SGB IX als öffentlicher Arbeitgeber schwerbehinderte Bewerber, denen die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die indizierte Benachteiligung werde zusätzlich bestätigt durch die Äußerungen des stellvertretenden Landesbeauftragten im Gütetermin, wonach aus dem Kreis der Bewerber zwei Körbchen gebildet würden und der Kläger dem zweiten Korb zugeordnet worden sei. Nur die Bewerber des ersten Korbes seien zunächst eingeladen worden. Die spätere Einlassung der Beklagtenseite, die Zuordnung zu dem nicht einzuladenden zweiten Korb sei angesichts der Schwerbehinderung ein Versehen gewesen, sei unglaubwürdig und der Entschädigungsanspruch im Übrigen verschuldensunabhängig.

Er beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe ins Ermessen des Gerichts gestellt wird. Der Betrag von EUR 6.832,00 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2018 soll dabei nicht unterschritten werden.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt vor,

parallel zur streitgegenständlichen Stelle sei eine weitere Stelle mit der Nummer 1/2018 für eine Referentenstelle ausgeschrieben gewesen. In beiden Stellenausschreibungen habe sich der ausdrückliche Hinweis befunden: „Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher fachlicher und persönlicher Eignung bevorzugt berücksichtigt”. In dem weiteren Bewerbungsverfahren 1/2018 seien die beiden schwerbehinderten Bewerber selbstverständlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Die Einladung an den Kläger sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterblieben, nachdem der Kläger das Anforderungsprofil für die ausgeschriebene Stelle erfüllt habe. Im Bewerbungsverfahren 2/2018 habe der Landesbeauftragte eine Grenze für die Examensnote bzw. einen vergleichbaren Studienabschluss festgelegt und danach Körbchen gebildet. Der Fehler, dass der Kläger als schwerbehinderter Mensch nicht nachträglich dem ersten Körbchen zugeordnet worden sei, sei nicht vorsätzlich erfolgt, sondern beruhe auf einer besonderen Arbeitsbelastung im Frühsommer 2018. Die Beklagtenseite legt eine Exceltabelle, in der die Bewerber für die Ausschreibung 2/2018 tabellarisch aufgeführt sind, vor und trägt hierzu vor, diese Liste sei unter der Rubrik „einladen” nicht vollständig insofern, als nicht nur ein Bewerber sondern die Bewerber mit den Ordnungsziffern 2, 3, 5, 12 und 13 eingeladen worden seien. Ausschließlich sein Examen von 6,32 Punkten sei der Grund dafür gewesen, dass er als Diplomjurist keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten habe. Das beklagte Land trägt die Auffassung vor, dass dies in Übereinstimmung stehe mit der grundrechtlichen Bestimmung des Art. 33 GG sowie der sonstigen Grundrechtsverpflichtungen.

Die Auswahl im Verfahren 1/2018 sei vorrangig erfolgt und in diesem Zusammenhang sei die Stelle vergeblich zwei schwerbehinderten Bewerbern angeboten worden. Damit habe der Landesbeauftragte gezeigt, dass er als schwerbehindert anerkannte Menschen bei der Stellenbesetzung nicht benach...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge