Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeit
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein instanzabschließendes Urteil dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach dem Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) zuspricht, dann steht dem Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens grundsätzlich ein Beschäftigungsanspruch auf der von ihm begehrten reduzierten Stundenbasis zu gemäß §§ 611, 613, 242 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. 2 Abs. 1 GG.
2. Dieser Beschäftigungsanspruch auf der reduzierten Stundenbasis kann als zusätzlicher Klageantrag im Hauptsacheverfahren gestellt werden.
3. Die besondere Dringlichkeit der Entscheidung für den Arbeitnehmer ist bei der zu treffenden Abwägungsentscheidung zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen als ein wesentlicher Abwägungsfaktor zu berücksichtigen. Sie ist im Hauptsacheverfahren keine Sachentscheidungsvoraussetzung.
Normenkette
TzBfG § 8
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst, verteilt von Montag bis Sonntag, zuzustimmen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Klägerin zu einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst zu beschäftigen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 8212 Euro.
5. Die Berufung wird gesondert nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin.
Die am 28.06.1972 geborene Klägerin ist seit dem 01.07.1996 in dem Betrieb der Beklagten, welche regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, als Stationsmitarbeiterin in der Passagierabfertigung am Einsatzort N… gegen ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt 2053 Euro beschäftigt.
Nach der Geburt ihres Kindes trat die Klägerin in eine bis zum 06.05.2003 währende Elternzeit. Ab dem 07.05.2003 begann die Klägerin wieder mit ihrer Arbeitstätigkeit. Zuletzt mit einem an die Personalabteilung und die dortige Personalleiterin Frau O… gerichteten Schreiben vom 20.03.2003 beantragte die Klägerin die Reduzierung der Arbeitszeit von Vollzeit auf 20 Stunden pro Woche, nachdem sie bereits zuvor ihren Wunsch, das Arbeitsverhältnis auf Teilzeit umzustellen, gegenüber anderen Mitarbeitern der Beklagten, u.a. am 31.01.2003 und 19.03.2003 gegenüber der Stationsleiterin Frau L…, geäußert hatte. Auf das Schreiben vom 20.03.2003 (Bl. 8 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 02.04.2003 lehnte die Beklagte die Verkürzung der Arbeitszeit ab. Auf Blatt 9 d.A. wird Bezug genommen.
Die Klagepartei behauptet im Hinblick auf Ziffer II des Antrags, dass der dreijährige Sohn der Klägerin auf die Hilfe und Betreuung durch die Mutter angewiesen sei und es der Klägerin auf Dauer unmöglich sei, in Vollzeit zu arbeiten. Es gebe keinen Schichtdienst mit Öffnungszeiten, der mit dem von der Klägerin zu leistenden Schichtdienst vereinbar wäre. Der Ehemann sei in Vollzeit tätig von morgens 7 Uhr bis abends 19 oder 20 Uhr. Für die Übergangszeit hätten abwechselnd die Eltern der Klägerin und Freunde die Betreuung des Sohnes übernommen, dies sei jedoch kein dauerhafter Zustand. Zum einen lehnten die Eltern der Klägerin und die Freunde eine solche dauerhafte Betreuung ab, zum anderen passe dies nicht ins Erziehungskonzept der Klägerin.
Die Klagepartei vertritt die Rechtsansicht, dass ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bestehe, da der Antrag insbesondere rechtzeitig gestellt worden sei und betriebliche Gründe dem Begehren nicht entgegenstünden.
Im Hinblick auf Ziffer II des Antrags argumentiert die Klagepartei, dass im Falle einer Arbeitsverpflichtung von 38,5 Stunden pro Woche für sie eine unzumutbare Härte entstünde und aus diesem Grund dem Anspruch stattzugeben sei.
Die Klagepartei hat zuletzt beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst, verteilt von Montag bis Sonntag, zuzustimmen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Klägerin zu einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst zu beschäftigen.
Die beklagte Partei beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die beklagte Partei behauptet, dass im Frühjahr 2003 überraschend und kurzfristig zwei Vollzeitkräfte, Frau V…, die unstreitig die Vertreterin der Klägerin während ihres Erziehungsurlaubs war, und Frau R…, aus dem Standort N… ausgeschieden seien. Um diesen Ausfall zu kompensieren, sei sie dringend darauf angewiesen, die Klägerin – wie vertraglich vorgesehen – als spezialisierte einschlägige Fachkraft auf der Vollzeitbasis zur Verfügung zu haben. Als Partnerin der L… arbeite die Beklagte mit demselben Abfe...