Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung sog. Beauftragter des Betriebsrats durch Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats. Minderheitenschutz im Betriebsverfassungsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Sog. Beauftragte des Betriebsrats können durch Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats gem. § 33 BetrVG bestellt werden. Der Minderheitenschutz muss dabei nicht gewährleistet sein.

 

Nachgehend

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 26.07.2010; Aktenzeichen 20 TaBV 3/09)

 

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Frage, wie die entsprechend einer Betriebsvereinbarung vorgesehenen Beauftragten des Betriebsrats zu bestimmen sind.

Unter dem Datum des 01.03.1996 wurde zwischen der Werksleitung und dem Antragsgegner eine Betriebsvereinbarung geschlossen. Unter Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung „Kommunikationskonzept des Betriebsrats” wurde festgelegt, dass der Betriebsrat sogenannte Beauftragte namentlich in den Centern benennt. Die Aufgaben der Beauftragten des Betriebsrats werden u. a. beschrieben als Unterstützung des Betriebsrats bei seiner Meinungsbildung, Weitergabe von werksrelevanten Informationen an die Belegschaft, Verteilung von Informationsmaterial sowie Übernahme von konkreten Aufträgen, die der Betriebsrat erteilt. Wegen der weiteren Regelungen zu den Beauftragten des Betriebsrats wird auf Bl. 19 f d. Gerichtsakten Bezug genommen. In einer weiteren Betriebsvereinbarung vom 15.07.1997 wurden ergänzende Regelungen zu den Beauftragten des Betriebsrats getroffen. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 21-23 d. Gerichtsakten Bezug genommen.

Der Antragsgegner besteht aus 57 Mitgliedern, die sich aus fünf Mitgliedern der AUB („Unabhängige”), sieben Mitgliedern der CSM und 45 Mitgliedern der IGM zusammensetzen.

Nachdem die Antragsteller in der Betriebsratssitzung vom 05.05.2008 mit ihren Beschlussanträgen bzgl. der Benennung der Beauftragten des Betriebsrats nicht durchgedrungen sind (Protokoll der Betriebsratssitzung am 05.05.2008, Bl. 27 f d. Gerichtsakten) haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.06.2008 vorliegendes Beschlussverfahren eingeleitet mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass die Beauftragten des Betriebsrats nicht wirksam bestellt seien.

Mit Beschluss vom 18.09.2008 hat der Antragsgegner seine Geschäftsordnung ergänzt. Die Geschäftsordnung des Antragsgegners sieht vor, dass der Betriebsrat Fachausschüsse mit definierter sachlicher Zuständigkeit sowie sogenannte Koordinationsausschüsse, die für die Betreuung der Beschäftigten in den jeweils genau definierten Centern/Bereichen zuständig sind, bildet. Entsprechend Anlage 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung sind sechs Koordinationsausschüsse gebildet worden, deren Zuständigkeitsbereiche sich an den Strukturen im Unternehmen orientieren. Die Koordinationsausschüsse nehmen betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben für ihren Bereich wahr, u. a. die Rechte bei Eingruppierung, Umgruppierungen, bereichsinterne Versetzungen nach § 99 sowie die Entscheidungen über Mehrarbeit im Rahmen von § 87 BetrVG. Wegen des Inhalts der Geschäftsordnung wird auf Bl. 115-125 d. Gerichtsakten Bezug genommen.

Durch Beschluss des Antragsgegners vom 18.09.2008 (Bl. 113 f d. Gerichtsakten) wurde die Geschäftsordnung in Anlage 2 Ziffer 2.11 um folgende Regelung erweitert: „Erstellen von Vorschlägen für die Benennung von Beauftragten des Betriebsrates aus seinem Koordinationsbereich. Die Beauftragten sollen das Vertrauen des Betriebsrats und ihrer Beschäftigten in ihrem Arbeitsbereich haben. Der Koordinationsausschuss soll Beauftragte aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und Beschäftigungsarten vorschlagen. Das Geschlecht, das in der Minderheit ist, soll angemessene Berücksichtigung finden.”

In der Betriebsratssitzung vom 24.10.2008 hat der Antragsgegner durch Beschluss die in den Listen der sechs Koordinationsausschüsse aufgeführten Personen zu Beauftragten des Betriebsrats benannt. Zuvor waren die jeweiligen Mitglieder der sechs bereichsbezogenen Koordinationsausschüsse zur Beschlussfassung über Vorschläge zur Benennung von Beauftragten des Betriebsrats geladen worden. Auch in den Fällen, in denen mehrere Listen vorlagen, erfolgte die Entscheidung für den Vorschlag der Beauftragten des Betriebsrats in der Weise, dass alle Bewerber der Liste der Mehrheitsfraktion als für den Vorschlag gewählt galten.

Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass bis zur Ergänzung der Geschäftsordnung des Beteiligten zu Ziffer 4 vom 18.09.2008 kein Verfahren zur Benennung der Betriebsrats-Beauftragten festgelegt worden war und insofern die Benennung der bisherigen Beauftragten jeglicher Rechtsgrundlage entbehrte.

Für den Rechtszustand nach der Ergänzung der Geschäftsordnung sehen die Antragsteller den Beschluss vom 24.10.2008 als unwirksam an, da das am 18.09.2008 von dem Antragsgegner beschlossene Verfahren jegliche Regelung über die Berücksichtigung der in der Belegschaft oder im Betriebsrat vorhandenen Gruppierungen bei der Aufteilung der Beauftragten auf die einzelnen Fraktionen oder Gr...

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