rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht mehr die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen.
Dies gilt für privatrechtliche und öffentlichrechtliche Arbeitgeber gleichermaßen.
Der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeitnehmer ist dadurch nicht rechtlos; ihm bleibt die Möglichkeit, sich gegen benachteiligende Angaben in einem Zeugnis zu wenden.
Normenkette
BGB § 611 ff.
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3) Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 833,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger war bis zum 31.12.1988 als Busfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 04.12.1988 erhielt er eine Abmahnung, die wie folgt lautet:
Sie wurden am 03. Dezember 1988 telefonisch gegen 11.00 Uhr von Frau B. angerufen, daß Sie eine Fahrt von H. nach … durchführen sollen. Ihnen wurde mitgeteilt, daß es sich um einen Notfall handele, daß der eingeteilte Fahrer (Herr H.J.W.) auf dem Weg zur Arbeitsstätte verunglückt ist, dabei verletzt wurde und dieser die eingeteilte Fahrt nicht durchführen konnte. Sie haben aber verneint diese Fahrt durchzuführen, obwohl Sie dazu verpflichtet gewesen wären, zumal Sie für diesen Tag für keinerlei Arbeit eingeteilt waren.
Mit der vorliegenden Klage beantragt der Kläger,
die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04.12.1988 aus seiner Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage konnte keinen Erfolg haben.
Der Kläger kann nicht mehr die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen; denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist inzwischen beendet. Jeder Arbeitgeber wird von der Rechtsprechung verpflichtet, vor verhaltensbedingten – fristlosen (§ 626 BGB) wie fristgemäßen (§ 1 II KSchG) – Kündigungen immer dann Abmahnungen zu erteilen, wenn die Aussicht besteht, daß der Arbeitnehmer danach sein Verhalten ändert (KR-Wolf, 3. Auflage, Grunds. 219). Diese Rechtsprechung beachtet den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der im Einzelfall überzogene Entscheidungen (= Kündigungen) verbietet. Ehe ein Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung ausspricht, soll er dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern und dadurch den Verlust seines Arbeitsplatzes zu vermeiden.
Derartige Abmahnungen spielen somit bei verhaltensbedingten Kündigungen eine wichtige Rolle; denn sie sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Voraussetzung für deren Wirksamkeit.
Abmahnungen haben somit dann keine Bedeutung mehr, wenn das Arbeitsverhältnis inzwischen beendet ist. Eine entsprechende Klage ist daher wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abzuweisen (ebenso Becker-Schaffner, DB 1985, 650 (654), a. A. Falkenberg, NZA 1988, 489).
Entgegen der Ansicht des Klägers spricht auch nicht für die Zulässigkeit der Klage, daß spätere Arbeitgeber aus der Abmahnung für ihn nachteilige Folgerungen ziehen könnten. Bei privatrechtlichen Arbeitgebern gilt dies bereits deshalb, weil dort eine Heraus- (oder Weiter)gabe der Personalakte nicht verlangt werden kann und auch in der Praxis nicht üblich ist. Etwas anderes gilt auch nicht für öffentlich-rechtliche Arbeitgeber, die bei Anforderungen anderer Behörden Einsicht in die Personalakte gestatten. Zutreffend weist hier das Arbeitsgericht Celle (ARSt 1989, S. 114) darauf hin, daß in die Personalakte ein Vermerk über die Entfernung der Abmahnung aufzunehmen ist, so daß ein zur Einstellung bereiter Arbeitgeber deren Inhalt erfragen wird. Schließlich kann die Zulässigkeit der vorliegenden Klage auch nicht damit begründet werden, der Beklagten sei es bei Nachfragen anderer Arbeitgeber verwehrt, die Abmahnung zu erwähnen.
Da ihr der Hinweis nicht verboten werden kann, sie habe eine erteilte Abmahnung auf gerichtliche Anweisung aus den Personalakten entfernen müssen, wird der Arbeitnehmer auch dadurch entsprechenden Rückfragen ausgesetzt. Deshalb kann die Abmahnung gleich in der Personalakte verbleiben.
Ein aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedener Arbeitnehmer ist infolge der zuvor vertretenen Ansicht auch nicht rechtlos; denn ihm verbleibt die Möglichkeit, sich gegen ihn benachteiligende Angaben in einem vom Arbeitgeber erteilten Zeugnis zu wehren. In diesem Zusammenhang kann auch die Berechtigung von Abmahnungen überprüft werden.
Der Kläger hat gem. § 91 ZPO als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wurde gem. § 61 I ArbGG im Urteil festgesetzt. Für die Höhe des Streitwerts ist § 3 ZPO anzuwenden; denn bei einem Streit über eine Abmahnung handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (BAG AP 3 zu § 64 ArbGG 1969). Während das erkennende Gericht bisher einheitlich 500 DM je Abmahnu...