Rz. 16

Zur Bestimmung des Geldfaktors i. S. v. § 11 Abs. 1 BUrlG ist das während des Referenzzeitraums erzielte Stundenentgelt zu ermitteln. Der zu bildende Quotient stellt damit das durchschnittliche im Referenzzeitraum erzielte Stundenentgelt dar. Hierfür ist es zwingend erforderlich, das berücksichtigungsfähige Entgelt im Referenzzeitraum durch die gesamte Anzahl der Arbeitsstunden zu teilen, in denen dieses Entgelt erzielt wurde. Aus diesem Grund ist auch der Streit, ob wegen § 11 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. BUrlG nur der Mehrarbeitszuschlag oder auch die Mehrarbeitsvergütung nicht zu berücksichtigen ist, zumeist nicht von praktischer Relevanz. Denn wenn das für die Mehrarbeit gezahlte Entgelt (ohne Zuschläge) berücksichtigt und bei der Arbeitszeit die Mehrarbeit ebenso einbezogen wird, ändert sich der Quotient nicht.[1]

Da der Geldfaktor im Ergebnis ein modifizierter durchschnittlicher Verdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs ist, ist zu seiner Bestimmung der Gesamtverdienst in diesem Zeitraum zu ermitteln. Dabei ist der fällige Verdienst in diesem Zeitraum maßgeblich. Es kommt also darauf an, welchen Arbeitsverdienst der Arbeitgeber in diesem Zeitraum dem Arbeitnehmer auszuzahlen hat, nicht aber darauf, welcher Arbeitsverdienst in diesem Zeitraum entstanden ist (dazu Rz. 21).

 

Rz. 17

Die Bestimmung des Referenzzeitraums entscheidet letztlich über die Höhe des Urlaubsentgelts, weil sie den Geldfaktor bestimmt. Dabei sind zwei Fragestellungen voneinander zu trennen:

  • Welches ist der Referenzzeitraum in zeitlicher Hinsicht?
  • Welches ist das im Referenzzeitraum erhaltene Entgelt?
[1] BAG, Urteil v. 27.2.2018, 9 AZR 238/17, AP BUrlG, § 11 Nr. 74.

4.1 "Erhaltener" Arbeitsverdienst

 

Rz. 18

"Enthaltener Arbeitsverdienst" i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist das Entgelt, dass im Referenzzeitraum von 13 Wochen vor dem Urlaubsantritt dem Arbeitnehmer zu zahlen ist, das also fällig ist.

Bei der in der Praxis allein noch relevanten monatlichen Lohnabrechnung sind damit die letzten 3 Zahlungen vor Urlaubsantritt maßgeblich – zum Problem bei einer Stundenvergütung und unterschiedlich langen Monaten sogleich unter Rz. 20. Entgegen dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG (erhalten "hat") kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Vergütung tatsächlich gezahlt hat, sondern darauf, ob der Arbeitnehmer einen entsprechenden Anspruch hat und der Arbeitgeber die Vergütung schuldet.[1] Maßgeblich ist, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt fällig ist.[2] Wann die Entgeltzahlung fällig ist, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder § 614 BGB.

Der Geldfaktor muss mindestens die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns erreichen. Der Mindestlohn wird zwar nur für geleistete Arbeit geschuldet, ist aber der Anspruch, den der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum gegen den Arbeitgeber hatte und daher auch als Geldfaktor der Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 BUrlG zugrunde zu legen.[3]

Demgegenüber kommt es nicht auf das Entstehen des Anspruchs an. Die verwendete Formulierung, dass die Vergütung im Referenzzeitraum entstanden und fällig sein muss[4], ist so nicht zutreffend und wird vom BAG im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 BUrlG auch nicht verwandt.

 
Praxis-Beispiel

Tritt der Arbeitnehmer seinen Urlaub am 15.7. an und erhält er sein Entgelt jeweils am 1. des Folgemonats, dann sind in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt – also in der Zeit vom 15.4. bis zum 14.7. zwar 3 Entgeltzahlungen fällig, aber die erste Zahlung am 1.5. enthält Entgelt, das nicht im Referenzzeitraum entstanden ist, nämlich die Vergütung für den 1. bis 14.4., während die Vergütung in der Zeit vom 1. bis 14.7. zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist. Der Gesetzeswortlaut ist hier wörtlich zu befolgen: Maßgeblich ist die Vergütung, die dem Arbeitnehmer im Referenzzeitraum zusteht und nicht, die die ihm für den Referenzzeitraum zusteht. Es kommt also auf die tatsächlichen Zahlungen im Referenzzeitraum an.

Damit erspart man der Praxis auch die Notwendigkeit, vor Urlaubsantritt im Laufe eines Monats eine zusätzliche Lohnabrechnung erstellen zu müssen, die die Vergütung der exakt letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt ermittelt.

[2] HK-BUrlG/Oppermann, 3. Aufl. 2013, § 11 BUrlG, Rz. 9.
[4] So aber HK-BUrlG/Oppermann, 3. Aufl. 2013, § 11 BUrlG, Rz. 9.

4.2 Dauer und Lage des Referenzzeitraums – 13 Wochen

 

Rz. 19

In einem ersten Schritt ist daher der Referenzzeitraum zu bestimmen. Er beträgt, wie sich aus § 11 Abs. 1 BUrlG eindeutig ergibt, 13 Wochen.[1] Dabei handelt es sich nicht um Kalenderwochen und schon gar nicht um einen Zeitraum von 3 Monaten oder gar 3 Kalendermonaten, sondern um die 13 Wochen, die dem ersten Urlaubstag vorausgehen. Daher ist dieser 13-Wochen-Zeitraum rückwärtig mit dem letzten Tag vor Beginn des Erholungsurlaubs zu bestimmen und umfasst volle 13 Wochen zu je 7 Wochentagen.

Dabei kann auch streng genommen nicht einfach ein Zeitraum von 3 Monaten heran...

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