Das OLG bejaht die Frage! In Umgehungsfällen, in denen zunächst einer "Sanierungsgesellschaft" ein Erbbaurecht bestellt wird, welches in engem zeitlichem Zusammenhang in Wohnungs- und Teilerbbaurechte aufgeteilt wird, sei § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB entsprechend anzuwenden. Zumindest für den Fall, dass dem Eigentümer des Grundstücks eine Aufteilung des darauf befindlichen Gebäudes in Wohnungs- und Teileigentum grundsätzlich möglich wäre, er aber ein Erbbaurecht zugunsten einer dafür gegründeten Gesellschaft bestellt, die im Anschluss daran dieses in Wohnungs- und Teilerbbaurechte aufteilt, bestehe nämlich eine planwidrige Regelungslücke. Denn in diesem Fall stehe im Raum, dass die Gestaltung allein dem Zweck diene, einen Genehmigungsvorbehalt nach § 172 BauGB zu umgehen. Im Fall habe X nicht einmal eine Gesellschaft zur Sanierung des Grundstücks gegründet, sondern sich selbst das Erbbaurecht bestellt und mit derselben Urkunde die Unterteilung nach §§ 30, 8 Abs. 1 WEG vorgenommen. Dass damit eine Umgehung der Genehmigungspflicht aufgrund der Erhaltungssatzung bezweckt war, liege auf der Hand. X müsse sich daher in diesem Fall so behandeln lassen, als hätte sie die Eintragung von Wohnungs- und Teileigentum beantragt.

Hinweis

  1. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 4 BauGB gestattet es den Gemeinden in einer Erhaltungssatzung (auch Milieuschutzsatzung genannt) zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung Gebiete zu bezeichnen, in denen die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, der Genehmigung bedarf. Anders als in § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unterstellt der Gesetzgeber die Begründung von Wohnungserbbaurechten nicht ausdrücklich diesem Genehmigungserfordernis. Ob § 172 BauGB die Aufteilung eines Erbbaurechtes in Wohnungs- und Teilerbbaurechte umfasst, ist daher umstritten. Einerseits wird unter Hinweis auf § 22 BauGB vertreten, dass der Genehmigungsvorbehalt nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB nur für die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum, nicht jedoch für die Aufteilung eines Erbbaurechtes in Wohnungs- und Teilerbbaurechte nach § 30 WEG gilt (etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 10.4.2019, 2 S 45.18; Drasdo in Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 11. Aufl., Anhang III Rn. 26). Andererseits wird der Anwendungsbereich als eröffnet gesehen, da andernfalls Umgehungsmodelle geradezu provoziert werden (Böttcher, ZNotP 2021, S. 49, 51).
  2. Der Schutzzweck einer Erhaltungssatzung besteht darin, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten. Es geht also nicht darum, einen konkreten Wohnraumbestand zu erhalten, sondern um die Funktionsfähigkeit des Wohnungsmarktes an sich und um die Vorbeugung gegen Gentrifizierung. Es ist daher wohl auszuschließen, dass der Gesetzgeber eine Umgehung des Genehmigungsvorbehalts ermöglichen wollte.

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